Heinrich Villiger«Heute gibt es keine Alkoholiker mehr»
Der Bund will die Schnapsbrenner unterstützen und bei der Prävention sparen. Diese sei aber ohnehin überflüssig, sagt Zigarren-Baron Heinrich Villiger.
- von
- Caroline Freigang

«Der Mensch hat einen gesunden Menschenverstand, es braucht keine Prävention», sagt Heinrich Villiger.
Lieber einen Schweizer Kirsch, Pflümli oder Williams nach dem Essen als einen italienischen Grappa - so sieht das offenbar der Bund: Mit Steuererleichterungen und vier Millionen Franken Werbebudget will er den Schweizer Schnapsbauern unter die Arme greifen. Das Geld soll auch bei der Suchtprävention eingespart werden. Sehr zur Freude von Zigarren-Baron Heinrich Villiger (83), dem Bruder von alt Bundesrat Kaspar Villiger.
Herr Villiger, Sie sind nicht nur als Zigarren-Fabrikant bekannt, sondern brennen in Ihrer Freizeit auch Hochprozentiges. Was halten sie von den Subventionen für die Schnapsfabrikanten?
Ich finde es gut, dass die Bauern unterstützt werden. Die Schweizer Landwirtschaft ist eine kleine Nummer im Vergleich zum Ausland, darum müssen wir sie subventionieren. Die Schnapsbrenner haben mit teuren Rohstoffen zu kämpfen, die Brennerei ist sehr aufwendig und die Bauern haben keine leistungsfähigen Anlagen. Dadurch steigen die Preise. Der Konsument hat die Wahl: Je teurer Schweizer Produkte sind, desto eher wird er einen irischen Whiskey oder einen italienischen Grappa zu seinem Kaffee bestellen.
Hält der Bund durch die Subventionen nicht den Schnapsmarkt künstlich am Leben?
Ich selbst bin in einem Bauerndorf aufgewachsen. In unserem Dorf hatte kein Bauer mehr als zwei bis drei Hektar eigenes Land. In der EU können Bauern mit ihren 100 bis 150 Hektaren natürlich viel günstiger produzieren als die Schweizer Kleinbauern. Darum finde ich es wichtig, dass die Schweiz ihre Bauern unterstützt. Auch um sich teilweise selber versorgen zu können.
Das soll aber auf Kosten der Prävention gehen - eine Schnapsidee?
Nein, denn Prävention ist Unsinn. Da kann man ruhig sparen. Der Mensch hat einen gesunden Menschenverstand, es braucht keine Prävention. Ausserdem gibt es keine Alkoholiker mehr heutzutage. Vor 60 Jahren war das in meinem Dorf ein riesiges Problem. Es gab viele arme Familien, der Vater versoff das gesamte Geld, die Kinder hatten nichts zu essen. Heute kenne ich in meinem Umfeld keinen einzigen Alkoholiker. Ich war vor kurzem zu einem Leichenmahl eingeladen - da gab es nur Süssmost. Alle Leute waren empört! Zu einem guten Essen gehört nun mal ein Glas Wein. Das hat nichts damit zu tun, dass einer Alkoholiker ist.
Bei den Jungen gibt es den Trend zum Komasaufen - kann da der Staat einfach zuschauen?
Die Jungen betrinken sich, Prävention hin oder her. Das hat was mit Lebensstil zu tun, mit Ausscheren. Das ist auch eine Frage der Erziehung und da sollen die Eltern sich einsetzen, nicht der Bund. Hinter der Prävention steht ein riesiger Apparat.
Der Bund will die Spirituosen-Werbung mit vier Millionen Franken unterstützen - animiert das die Jugend nicht zu mehr Konsum?
Werbung hat keinen Einfluss darauf, wie viel ein Jugendlicher trinkt oder raucht, höchstens darauf, welche Marke er kauft. Werbung sagt, was in ist - sie macht uns aber nicht alle zu Süchtigen.
Der Bund gibt an, dass durch den Alkoholkonsum jährlich Kosten von 3,4 Milliarden entstehen - wegen Arbeitsausfällen und gesundheitlichen Problemen.
Die Schäden durch Alkohol und Tabak sind bei weitem nicht so gross, wie immer behauptet wird. Mit Statistiken kann man alles beweisen. Ich sehe keine Schäden durch Alkohol und Tabak in der Schweiz.
Das behaupten Sie doch nur, weil Sie Zigarrenfabrikant sind. Was ist mit den Schäden, die durch das Passivrauchen enstehen?
Das Thema Passivrauchen ist sehr umstritten. Man muss jedoch unterscheiden, ob der Rauch gesundheitsschädigend ist oder Nichtraucher lediglich nervt. Denn es ist bis jetzt nicht erwiesen, dass Passivrauch wirklich Krebs verursacht.
Der Staat nimmt sich nicht nur Trinker und Raucher vor, sondern auch Konsumenten von Fett und Zucker. Haben Sie dafür mehr Verständnis?
Nein, im Gegenteil: Der Staat soll sich ganz raushalten. Es liegt in der Eigenverantwortung eines Menschen, was er konsumieren will. Am Beispiel der Zigaretten zeigt sich dieser Regulierungswahnsinn. Weltweit rauchen etwa 25 Prozent der Bevölkerung. Nun hat die EU eine 110-seitige Richtlinie herausgegeben, die das Rauchen regulieren soll. Ist es denn demokratisch, dass diese Mehrheit von 75 Prozent Nichtrauchern den Genuss der anderen 25 Prozent vermiest?
Wie gesagt: Der Allgemeinheit entstehen hohe Kosten durch den Konsum von Suchtmitteln.
Schauen sie nach Afrika, nach Indien oder in die Slums in Brasilien: Diese Leute müssen irgendwie durch den Tag kommen und haben ganz andere Sorgen, als sich um Prävention zu kümmern. Die Tabak- und Alkoholbranchen sind zur Genüge reguliert. Wenn die Schweiz beim Alkohol nun einen Schritt zurück macht, finde ich das positiv. Risiken sehe ich darin wirklich keine.