Vom U17-Weltmeister zum Abenteurer«Hier in Malaysia hat man mehr Druck als bei vielen Schweizer Vereinen»
Der Schweizer Fussballer Oliver Buff steht in Malaysia beim FC Selangor unter Vertrag. Im Interview spricht der Ex-GC- und FCZ-Star nun erstmals über sein Leben in Asien.
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Darum gehts
Oliver Buff spielt in Malaysia für den FC Selangor.
Im Interview spricht der Schweizer U17-Weltmeister über sein Leben in Asien.
Er erzählt, dass in Malaysia guter Fussball gespielt wird.
Und: «Wer das Gefühl hat, dass sich der Oliver ein schönes Leben in Malaysia macht und die Sonne geniesst, der liegt falsch.»
Oliver, du spielst jetzt beim FC Selangor in Malaysia. Wie geht es dir?
Oliver Buff: Langsam habe ich mich wirklich eingelebt. Am Anfang war es recht stressig, vor allem auch die Einreise, coronabedingt. Und als ich dann ins Land durfte, verbrachte ich die ersten Wochen im Hotelzimmer. Ich musste in Quarantäne. Als diese beendet war, steckte Malaysia im Lockdown. Das Team durfte nicht zusammen trainieren, wir hatten nur Zoom-Meetings. Das war sehr speziell. Doch jetzt gefällt es mir sehr. Ich muss auch zugeben, dass ich echt positiv überrascht bin. Vom Team, dem Land, dem Niveau der Liga.
Wie lebst du? Selangor ist ja ein Club aus Shah Alam, einer Stadt in der Nähe der Hauptstadt Kuala Lumpur.
Ich lebe in einem kleinen Vorort von Kuala Lumpur. Mit dem Auto brauche ich fünf Minuten in die Stadt. Ich habe eine möblierte Wohnung inmitten eines Wohnkomplexes. Auf dem Dach ist ein Pool, ein Gym ist auch im Haus. Ist eigentlich wie ein betreutes Wohnen für Ausländer. Klar also, wohnen die meisten meiner ausländischen Teamkollegen mit mir hier.
Hattest du anfangs mit irgendetwas Probleme?
Die Luftfeuchtigkeit ist heavy. Wir trainieren früh morgens oder spät abends. Auch die Spiele finden meist am Abend statt. Kein Problem, denken jetzt vielleicht manche. Aber auch dann ist es noch immer grausam heiss. Wer nicht hier ist, kann sich das gar nicht vorstellen.
Das ist Oliver Buff
Oliver Buff (28) ist ein Schweizer Fussballer. Er spielte nach seiner Ausbildung im Nachwuchs des FC Zürich für unterschiedliche Vereine. Bis zum Sommer stand er bei den Grasshoppers unter Vertrag. Für die Zürcher lief er 18 Mal auf, erzielte drei Treffer und bereitete vier weitere vor. Seit Januar kickt Buff nun in Malaysia, wo er bei Selangor einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben hat. Die erste Station in Asien, sie ist aber nicht seine erste Station im Ausland. So stand der Techniker auch schon in Spanien bei Saragossa und auf Zypern bei Anorthosis Famagusta unter Vertrag. 2009 ist Buff mit der Schweizer U17-Nati Weltmeister geworden. Er spielte im Final von Anfang an. (nih)
Doch kann ich, ich war auch schon in Kuala Lumpur ... Hast du eigentlich einen Fahrer? Die Fahrweise ist ja doch ein wenig anders als bei uns in der Schweiz …
Fahrer habe ich keinen, der Verein gab mir ein eigenes Auto. So komme ich super von A nach B. Was ich mich definitiv nicht getraue: Mit einem Töff hier rumfahren. Die Fahrweise ist kriminell, die Töfffahrer kennen nichts. (lacht)
Bei deinem Debüt hast du gerade zwei Tore geschossen. Wie würdest du die Qualität der Liga beschreiben?
Ich würde sagen: Gute Challenge League oder unteres Feld der Super League. Einige Teams wie Johor Darul Ta'zim könnten in der Schweiz aber sicherlich oben mitspielen. Die haben viele gestandene Nati-Spieler und kicken jedes Jahr in der asiatischen Champions League. Mit Maurício haben sie auch einen Ex-Lazio-Spieler.
Und was ist mit deinem Club?
Wir haben eine richtig gute Mannschaft. Nach den ersten Spielen sind wir nicht da, wo wir hingehören. Das ist Fakt. Doch viele von uns sind neu. Was wir brauchen, ist Zeit. Dass das gut kommt, davon bin ich aber überzeugt. Jedes Spiel haben wir 65, 70 Prozent Ballbesitz, zeigen teils wunderschöne Ballstafetten.
Also wird auch in Malaysia schöner Fussball gekickt!
Natürlich (lacht). Schweizer haben immer das Gefühl, dass es ausserhalb von Europa keinen guten Fussball gibt. Doch das ist falsch. Es ist eben schon so: Die ganze Welt kann kicken. Und das gut. Wirklich.
Viele überraschte der Wechsel nach Asien dennoch. Wie kam er zustande?
Asien fand ich schon immer mega interessant. Dass es gerade Malaysia wurde, war natürlich nicht geplant. Dadurch, dass Kuala Lumpur sehr europäisch ist, muss ich mich nicht gross an die Mentalität hier gewöhnen. Aber ja, wieso Malaysia? Schlussendlich war es auch eine Frage der Angebote.
Hattest du andere Optionen?
Im Sommer hatte ich noch ein Angebot eines Schweizer Vereins. Später kam noch eine Offerte aus Polen. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl: Das ist es nicht. Happy war ich erst mit dem Selangor-Angebot.
Das ist schön. Vorhin meintest du ja schon, dass dir es sehr gefällt in Malaysia. Was genau?
Wer in Kuala Lumpur schon einmal war, der wird mich verstehen, wenn ich sage: Die Stadt ist speziell. Hier leben die extremsten Gegensätze – und das in einem total friedlichen Miteinander. Alle respektieren sich hier, obwohl die Menschen den verschiedensten Religionen angehören. Die Leute sind alle sehr nett, hilfsbereit – und ja, sehr einfach.
Und Fussball mögen sie?
Ja, die Leute sind fussballverrückt! Ob Fussball die Sportart Nummer 1 in Malaysia ist, ist eine offene Frage. Dass es aber viele Fans gibt, ist unbestritten. Wenn wir zu einem Spiel fahren, eskortieren rund 150 Fans den Teambus mit ihren Töffs. Sie machen uns den Weg auf den verstopften Autobahnen frei. Das ist unfassbar.
Verspürst du Druck? Ich meine, deine Vorstellung war ja pompös. Die Social-Media-Verantwortlichen verglichen dich mit LeBron James und Michael Jordan!
Als ich das gesehen habe, lachte ich. Es ist total übertrieben, klar. Die Leute hier schmücken halt gerne aus, übertreiben vielleicht einmal. Doch das ist doch schön. Ernst genommen habe ich es nicht, darf man auch gar nicht. Ist doch nur ein Spass! Druck habe ich daher nicht mehr verspürt. Was aber nicht bedeutet, dass ich überhaupt keinen Druck habe. Wer das Gefühl hat, dass sich der Oliver ein schönes Leben in Malaysia macht und die Sonne geniesst, der liegt falsch. Hier hat man mehr Druck als bei vielen Schweizer Vereinen.
Wie sieht es lohntechnisch aus? Nach China gehen ja viele Fussballer, um richtig abzusahnen.
Wie soll ich das sagen? In jedem Team gibt es fünf Ausländer. Ich sag mal so: Diese Ausländer verdienen sicherlich genug.
Du bist jetzt 28. Was sind noch deine Ziele?
Ich will Fortschritte machen. Jedes Weekend das Beste auf dem Feld zeigen. Tore schiessen, Assists geben. Vielleicht sogar den asiatischen Markt erobern, in der Champions League hier spielen. Denn das Wichtigste ist doch …
… Ja?
Dass man realistisch ist. Wenn ich in Europa gesagt hätte, dass ich Champions League spielen will, hätten einige vielleicht an meinem Verstand gezweifelt. Hätten gesagt: Oli, du bist doch viel zu alt! Oli, das ist unrealistisch. Und unrecht haben sie ja nicht. So sagte ich mir: Probiere es doch in Asien, pack die Chance! Das mache ich jetzt. Ich bin happy.
Das freut mich sehr! Deine Freundin kommt noch nach?
Ja. Im Sommer kommt sie nach. Ich vermisse sie sehr. Wegen Corona konnte sie bisher noch nicht kommen, leider. Bis dahin facetime ich einfach oft mit ihr. Zum Glück leben wir ja in einer Zeit, in der uns die Technik das ermöglicht.
Zum Abschluss: Als ich in Malaysia war, gab es überall die Durian, auch bekannt als «Stinkfrucht». Ich probierte sie einmal, sofort wurde mir übel. Wie steht es bei dir?
Ah ja? Keine Ahnung, fiel mir noch nie auf. Ich werde die Augen offen behalten und mal schauen. Vielleicht probiere ich sie ja. (lacht)