Politikerin belästigt«Hier wohnst du also! Eine Schande!»
Ist die Basler SP-Nationalratskandidatin Sarah Wyss (31) ins Fadenkreuz von Rechtsradikalen geraten? Mehrfach wurde ihr Briefkasten mit Pnos-Proganda zugeklebt. Das ist aber nicht alles.
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Mehrfach sei SP-Nationalratskandidatin Sarah Wyss (31) in den letzten Wochen nach Hause gekommen und habe ihren Briefkasten beklebt vorgefunden. Der Briefkasten sei jeweils als einziger betroffen und mit Klebern der Pnos versehen gewesen. «Als Juso-Präsidentin gehörte es zu meinem Alltag, bedroht und beleidigt zu werden, in den letzten Jahren wurde es ruhiger», so die SP-Grossrätin.
Doch die Kleber seien nicht alles gewesen: Der Inhalt ihres Briefkasten sei geklaut und und auf der Rückseite eines Klebers eine Botschaft an Wyss hinterlassen worden: «Hier wohnst du also! Eine Schande! Sozi in Luxuswohnung». Für Wyss ist klar: «Hier wohnst du also!» ist keine Feststellung, sondern eine Drohung.
«Diese Aktionen haben für mich eine neue Dimension. Jemand macht sich die Mühe, bei mir zuhause vorbeizukommen. Das ist schon beklemmend. Natürlich habe ich auch die Sprenganschläge auf die Briefkasten von SP-Politikern in Solothurn im Hinterkopf», sagt Wyss. Sie habe Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Inhaltlich könne sie mit der Kritik wenig anfangen. Sie lebe zwar in einer modernen Wohnung, Luxus sei aber anders.
«Ich als junge Frau soll eingeschüchtert werden»
Warum sie mit unerwünschter Pnos-Propaganda zugeschüttet und bestohlen werde, kann sie sich nicht erklären. «Ich habe mich weder sonderlich exponiert, noch mich mit Rechtsextremen angelegt. Trotzdem bin ich als junge Frau die, die man einschüchtern will. Soweit ich weiss, bin ich die einzige betroffene Parlamentarierin.»
Das sei besonders ironisch, weil die Kleber, die an ihren Briefkasten geklebt wurden, den Schutz von Frauen aus rechter Sicht thematisieren würden, sagt Wyss.
«Grabenkämpfe halte ich nicht für sinnvoll»
Tobias Steiger, Vorsitzender der Pnos beider Basel, äussert sich gegenüber 20 Minuten zu den Vorfällen: «Das ist keine Aktion der Pnos, entsprechend weiss ich davon nichts. Aber vielleicht war es ein Sympathisant von uns.»
Es sei auch für Nicht-Mitglieder möglich, an die entsprechenden Kleber zu gelangen, erklärt er. Mitleid mit Wyss habe er keines. Der Nationalratskandidat sagt: «Diese Grabenkämpfe zwischen Rechts und Links halte ich nicht für sinnvoll.»
Auf Facebook klingt das mit den Grabenkämpfen anders. Nachdem Steiger, mutmasslich von Linksradikalen, angegriffen wurde, postete ein Facebook-Freund von ihm, man solle «sich am besten bewaffnen und sie erschiessen.» Steiger antwortete: «Ein Grund, den Waffentragschein nochmal zu beantragen.»
«Bei mir zuhause ist noch niemand aufgekreuzt»
Wer ein politischen Amt bekleidet, braucht eine dicke Haut. Davon kann auch die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (39) ein Lied singen. Sie bekomme seit Jahren negatives Feedback, schon als sie noch im kantonalen Parlament sass, sagt sie gegenüber 20 Minuten. «Oft sind die E-Mails oder Briefe rassistisch», so Arslan. Bei ihr zuhause sei bisher aber noch niemand aufgekreuzt, sagt sie.
Trotzdem hält sie fest: «Meiner Erfahrung nach sind die Bereitschaft und die Möglichkeit der Strafverfolgungsbehörden, in solchen Fällen etwas zu unternehmen, gering.»