US-NotenbankHilft der US-Zinsentscheid der hiesigen Wirtschaft?
Heute Abend entscheidet die US-Notenbank, ob sie an der Zinsschraube dreht. Was würde eine Erhöhung des Leitzinses für die Schweiz bedeuten?
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Die Finanzwelt blickt gespannt in Richtung USA. Heute Abend um 20 Uhr Schweizer Zeit gibt die US-Notenbank Fed bekannt, ob sie die Leitzinsen anhebt. Es wäre die erste Erhöhung seit Juni 2006. Nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 senkte die Notenbank die Leitzinsen auf nahezu null Prozent, um die kriselnde US-Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Derzeit liegt der Leitzins bei historisch tiefen 0,25 Prozent.
Seit Wochen debattieren Finanzexperten, ob es nun zu einer Zinswende kommt oder nicht. Dafür spricht, dass es der US-Wirtschaft gut geht: Die Arbeitslosenquote beträgt tiefe 5,1 Prozent – das gilt in den USA fast als Vollbeschäftigung. Auch stieg das Bruttoinlandprodukt im zweiten Quartal um 3,7 Prozent. Andererseits macht das Fed eine Zinswende auch abhängig von der Inflation. Es peilt eine Rate von 2 Prozent an – doch derzeit liegt sie nur knapp über null Prozent, unter anderem wegen des niedrigen Ölpreises. Eine Zinserhöhung wäre also kontraproduktiv: Sie würde die Preise weiter nach unten drücken.
Kompromiss wahrscheinlich
Es gibt also viele Pros und Contras für eine Zinserhöhung – deshalb könnte die Fed-Sitzung heute Abend in einem Kompromiss enden. Viele Beobachter erwarten keine sofortige Zinserhöhung, wohl aber eine Aussage von Fed-Chefin Janet Yellen, dass die Notenbank noch dieses Jahr die Zinsen anheben wird. Der nächstmögliche Termin für einen Zins-Beschluss käme im Dezember. In einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters sind 45 der 80 Befragten in Nordamerika und Europa der Ansicht, dass das Fed stillhalten wird.
Weil für heute Donnerstag also mehrheitlich nicht mit einer Anhebung der Zinsen gerechnet wird, wäre eine Erhöhung eine Überraschung. Der Dollar würde vermutlich mit einer leichten Aufwertung gegenüber dem Franken reagieren – der Franken würde also gegenüber dem Dollar schwächer. Abschwächen würde sich der Franken auch, weil mehr Geld in US-Anlagen fliesst. Diese wären durch den höheren Zins attraktiver. Den Wechselkurs des Franken zum Euro dürfte eine Zinserhöhung kaum tangieren.
SNB nicht unter Handlungsdruck
Auch der Wirtschaftsverlauf in der Schweiz hängt nicht unmittelbar vom US-Leitzins ab. Entscheidend für die Schweizer Wirtschaft ist vielmehr, wie sich die Wirtschaft in der Eurozone entwickelt. Genauso wenig dürfte sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) von einem etwaigen Zinsschritt beeindrucken lassen. «Die SNB steht auch nach einer Leitzinserhöhung der US-Notenbank nicht unter Handlungsdruck», sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, zu 20 Minuten.