Manila, Jakarta & Co: HIV – ein neuer Infizierter alle drei Stunden

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Manila, Jakarta & CoHIV – ein neuer Infizierter alle drei Stunden

Fast überall geht die Zahl der HIV-Erkrankungen zurück, doch in neun Ländern ist das Virus auf dem Vormarsch. Zu ihnen gehören die katholischen Philippinen wie auch das muslimische Indonesien.

von
phi

Nach Jahren der gesundheitlichen Aufklärung geht die Zahl der HIV-Infektionen in den meisten Ländern der Welt zurück. In Staaten wie Indien, Ghana oder Haiti sank die Zahl der Neuerkrankungen um über 50 Prozent. Für Entwarnung ist es aber noch zu früh, wie die letzten Zahlen der Organisation UNaids zeigen: In Frankreich, Nigeria und den USA gibt es «nur» eine Stagnation und in neun Ländern sogar mehr Infektionen (siehe obige Bildstrecke).

20'000 Prostituierte in Jakarta

So wie in Indonesien: In dem Inselstaat haben sich zwar «nur» 0,5 Prozent 15 bis 49-Jährigen mit dem Virus angesteckt, doch bei einer Gesamt-Bevölkerung von 238 Millionen Menschen sind das 380'000 Erkrankte – drei Mal mehr als noch vor sieben Jahren. Auch die Gruppe der Betroffenen hat sich verändert, erklärte das indonesische Gesundheitsministerium: Während früher zumeist Fixer erkrankten, wird heute das Virus in 73 Prozent der Fälle durch ungeschützten Sex übertragen.

Ein massives Problem in dem muslimischen Land ist die Prostitution, weiss die «Süddeutsche Zeitung»: Allein in Jakarta arbeiten demnach 20'000 Prostituierte, die pro Freier zwischen neun und knapp 14 Franken verdienen – abzüglich der Gebühr für das Zuhälter-Zimmer. Die Aufklärungsarbeit der Regierung erreicht aber nur ein Viertel von ihnen, zeigen die UNaids-Tabellen. Erschwerend hinzu kommt, dass das Gesundheitsministerium die Zahl der Freier auf 6,7 Millionen schätzt. Sie gefährden potenziell neben sich selbst auch fünf Millionen Angehörige, wenn sie ungeschützt Sex haben.

«Wir können nicht erwarten, dass sie davor keinen Sex haben»

In dem zumeist muslimischen Land bremst klerikale Moral die Aufklärungsbemühungen. Gratis-Kondome konnte die Regierung nur unter Protest der Radikalen verteilen, obwohl es 2010 geschätzte zwei Millionen Abtreibungen in Indonesien gab, so die «Süddeutsche». Laut der Münchner Zeitung heiraten die Menschen ausserdem immer später. «Wir können nicht erwarten, dass sie davor keinen Sex haben», sagte Gesundheitsministerin Nafsiah Mboi mit Blick auf voreheliche Enthaltsamkeit.

In dem zumeist katholischen Land im Norden sind die Probleme ähnlich gelagert: Während sich auf den Philippinen vor zehn Jahre alle drei Tage ein Bürger mit dem Virus ansteckte, ist der Takt heute auf drei Stunden zusammengeschmolzen. Im Mai gab es mit 415 Fällen im Vergleich zum Vorjahr 52 Prozent mehr Neuerkrankungen – und damit so viele wie zuletzt 1984. Auch wenn 2012 von 92 Millionen Philippinos «nur» 24'000 HIV hatten, wird sich die Zahl bis 2016 verdoppeln.

«Wir müssen einräumen, dass Leute Sex haben»

Auch hier erschwert die moralische Stigmatisierung die Aufklärung über die Krankheit – zum Leidwesen von Senatorin Pia Cayetano. Insbesondere Homosexuelle hätten es in dem katholischen Land nicht leicht. «Es ist fast wie eine Weigerung anzuerkennen, dass es eine Krankheit ist, die mit Sex zu tun hat», sagte Cayetano dem «Time»-Magazin. «Und wir müssen einräumen, dass Leute Sex haben. Ernsthaft, so grundsätzlich ist das.»

Die Politikerin dürfte dabei an das neue Gesetz gedacht haben, dass Sexual-Aufklärung für Dörfer und das verteilen von Gratis-Kondomen vorsieht. Doch dies wurde nach Einsprüchen aus Kirchenkreisen für ungültig erklärt. Insgesamt geben die Philippinen 15 Millionen Dollar für Aufklärungskampagnen aus. «Time» prognostiziert, dass HIV dort auch zukünftig nicht höchste Priorität haben wird – angesichts der 75 Flipinos, die täglich an Tuberkulose sterben.

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