«The Simpsons Movie» - Kinostart 26.7.Hochkultur im Querformat
Wenn Comicserien ins Kino kommen, dürfen die Fans meist nicht mehr als aufgeblasene Versionen der Fernsehvorbilder erwarten. Die Macher des Simpsons-Films versprechen mehr. Wie sie das schaffen wollen, bleibt aber noch streng geheim.
Erfolgreiche Fernsehkost landet früher oder später auch auf der grossen Leinwand. Dies ist ein ungeschriebenes Gesetz einer Branche, die zwar unzählige Erfolgsrezepte zu kennen vorgibt, deren Erfolgsprognosen sich allerdings nach wie vor als reines Kaffeesatzlesen erweisen. Dass das Risiko für einen Flop im Kino kleiner ist, wenn etwas schon im Fernsehen funktioniert hat, leuchtet ein. Wie die Erfahrung zeigt, geht diese Rechnung auch meist auf. Sowohl «Beavis and Butt-Head» als auch «South Park» haben sich an der Kinokasse durchaus gerechnet und sind bei den Fans mehrheitlich auf Wohlwollen gestossen. Trotzdem werden die beiden Kultcomics auch in Zukunft als Fernsehphänomen in Erinnerung bleiben. Die Filmversionen waren nämlich nicht viel mehr als auf Kinolänge gestreckte Versionen der Fernsehserie. Dies hat auch bei hartgesottenen Fans zuweilen den Eindruck erweckt, die Handlung sei etwas mühsam mit Nebensächlichkeiten angereichert worden. Darauf deutet auch die Länge hin, welche mit knapp 80 Minuten bei beiden Beispielen für einen Kinofilm am untersten Limit liegt.
Das Problem, das der Medienwechsel mit sich bringt, liegt auf der Hand: Die Comic-Folgen funktionieren nach dem Prinzip der Sitcom. Das bedeutet, dass die Ausgangssituation nach jeder Folge wieder genau gleich ist. Die Figuren entwickeln sich nicht; sie sterben nicht, gehen keine neuen Beziehungen ein und arbeiten immer am selben Ort. Dies widerspricht dem Standard der klassischen Filmdramaturgie, die eine Entwicklung des Helden vorschreibt. Weil die Fernsehserien aber auch nach dem Film weiterlaufen sollen, verzichteten die Vorgänger des Simpsons-Films auf solche Entwicklungen. So ist der Eindruck nicht zu verhindern, dass diese Produktionen in erster Linie das kommerzielle Potenzial der Serie gewinnbringend ausschlachten wollten.
Der Entschluss, die Simpsons nach rund 18 Jahren ins Kino zu bringen, wird hingegen kaum nur aus kurzfristigem Profitdenken heraus gefällt worden sein. Schon 1997 hat Twentieth Century Fox die Domain www.simpsonsmovie.com reserviert – dass sie erst jetzt verwendet wird, spricht dafür, dass die Realisierung des Films wohl überlegt ist. Schon ein mittelmässiges Resultat dürfte dem hohen Ansehen der Simpsons nämlich ziemlichen Schaden zufügen. So darf man gespannt sein, wie die Simpsons-Autoren die Probleme, welche eine Kinoversion mit sich bringt, angegangen sind. Produzent Al Jean versprach in der «New York Times» ausdrücklich, dass der Film mehr als eine aufgeblasene Episode mit einer losen Aneinanderreihung von Gags sein würde. Der andere Produzent und Autor James L. Brooks prophezeite gar: «Es passieren Dinge im Film, an die sich die Serie voraussichtlich erinnern wird.»
Was aber genau passieren und inwiefern sich Springfield verändern wird, darüber kann nur spekuliert werden. Seit vor über vier Jahren die Arbeiten am Drehbuch aufgenommen wurden, herrscht strengste Geheimhaltung über den Inhalt des Films. Dieses Credo soll so streng befolgt worden sein, dass nach dem Einsprechen der Synchronstimmen die Scripts von den Produzenten eigenhändig geschreddert worden sind. Und tatsächlich sind bis heute erstaunlich wenige Informationen durchgesickert. Die in unregelmässigen Abständen veröffentlichten Trailer gaben den Fans höchstens Gelegenheit, um nach Hinweisen über die Handlung zu suchen.
Am 26. Juli wissen wir mehr. «The Simpsons Movie», Regie: David Silverman, mit Stimmen von Dan Castellaneta, Hank Azaria, Erin Brokovich. Ab 26.7. im Kino.
Matthias Affolter