Krise in Honduras: Hochverrat, Tränengas, kein Essen

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Krise in HondurasHochverrat, Tränengas, kein Essen

Die Regierungskrise in Honduras spitzt sich weiter zu: Zelaya befindet sich weiterhin in der brasilianischen Botschaft, wo langsam das Essen ausgeht. Dass Zelaya ins Amt zürckkehrt, schliesst die Übergangsregierung aus. Wahrscheinlicher ist eine Anklage wegen Hochverrats. Aber auch ein Dialog wird in Erwägung gezogen.

Als Voraussetzung für einen Dialog müsse Zelaya die für den 29. November geplante Präsidentschaftswahl anerkennen, hiess es in einer Erklärung von Micheletti, die Aussenminister Carlos López am Mittwoch verlas. Es sei ausgeschlossen, dass Zelaya wieder ins Amt zurückkehre.

Ausserdem müsse sich der entmachtete Präsident dem vom Obersten Gericht ausgestellten Haftbefehl beugen, forderte Micheletti. Wenn Zelaya diese Voraussetzungen erfülle, könnten die Gespräche in der kommenden Woche «im Rahmen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)» unter internationaler Beobachtung stattfinden.

Drei Monate nach dem Putsch gegen ihn war Zelaya am Montag heimlich nach Honduras zurückgekehrt und hatte in der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa Zuflucht gefunden. Die Putschisten unterstellen ihm, mit Hilfe einer Verfassungsänderung eine weitere Amtszeit anzustreben.

Brasilianern geht Essen aus

Nachdem sich die Nachricht von Zelayas Rückkehr verbreitet hatte, versammelten sich tausende seiner Anhänger vor dem Botschaftsgebäude. Armee und Polizei trieben die Menge am Dienstag mit Tränengas und Knüppeln auseinander.

Bei Zusammenstössen von Zelaya-Anhängern und Sicherheitskräften wurde in Tegucicalpa offenbar auch ein Mensch erschossen, wie ein Vertreter der Gerichtsmedizin sagte. Es ist der erste Bericht über Todesopfer seit Zelayas Rückkehr.

In der brasilianischen Botschaft selber verschärfte sich die Lage. Die etwa 300 Diplomaten, Zelaya-Anhänger und Journalisten in dem Gebäude waren von der Strom- und Wasserversorgung abgeschlossen, die Telefonleitungen wurden unterbrochen. Ausserdem gingen die Essensvorräte zur Neige.

«Wir haben kein Essen. Hier sind etwa ein Dutzend Kinder, die nichts zu essen bekommen haben», sagte ein Anhänger Zelayas in der Botschaft einem Journalisten. «Wir sind in grossen Schwierigkeiten.»

Eingreifen der UNO gefordert

Beobachter vermuten, dass Micheletti auf eine Zermürbungstaktik setzt, um Zelayas Anhänger in die Knie zu zwingen. Zwischenzeitlich hiess es, die honduranische Armee wolle die Botschaft stürmen. Dieses Gerücht wies die Übergangsregierung zurück.

Ein solches Vorgehen sei nicht einmal in Erwägung gezogen worden, sagte Vize-Aussenministerin Martha Lorena Alvarado im honduranischen Radio. Sie kündigte an, Zelaya wegen Hochverrats vor Gericht stellen zu wollen.

Die brasilianische Regierung wandte sich mit einem Antrag an die UNO. Sie möchte, dass der UNO-Sicherheitsrat zu einer Dinglichkeitssitzung zusammenkommt, bei der auch die Zustände in der brasilianischen Botschaft zur Sprache kommmen sollen.

Ausgangssperre vorübergehend gelockert

Die Regierung ordnete an, die am Montag verhängte Ausgangssperre bis Mittwoch in Kraft zu lassen, jedoch sollte sie tagsüber vorübergehend gelockert werden. Supermärkte, Banken und Tankstellen erhielten die Genehmigung, zwischen 10.00 Uhr (Ortszeit) und 16.00 Uhr zu öffnen.

Damit solle der Bevölkerung die Möglichkeit gegeben werden, sich vor allem mit Lebensmitteln zu versorgen, sagte Handelsminister Benjamin Bográn in Tegucigalpa.

(sda)

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