Martin CandinasHöchster Schweizer erklärt – darum findet Debatte zum Banken-Beben nachts statt
Nationalratspräsident Martin Candinas (Mitte) erklärt, warum er eine parlamentarische Untersuchungskommission zur Credit Suisse einsetzen will. Und warum die Debatte über das Banken-Beben mitten in der Nacht stattfindet.
Darum gehts
Erstmals seit fast 30 Jahren dürfte eine parlamentarische Untersuchungskommission eingesetzt werden.
Mitglieder von National- und Ständerat sollen die Rollen der Behörden bei der CS-Rettung detailliert untersuchen.
Nationalratspräsident Martin Candinas spricht im Interview über deren Ziele und die nächsten Schritte.
Der höchste Schweizer erklärt ausserdem, warum die CS-Debatte «bis spät in die Nacht» dauern wird.
Herr Nationalratspräsident Candinas, haben Sie die Idee einer PUK auf den Tisch gebracht?
Martin Candinas: Im Hinblick auf die ausserordentliche Session im April haben wir im Büro Nationalrat ebenfalls ausserordentlich getagt. Es wurde der Antrag für eine PUK eingebracht und wir haben uns einstimmig dafür ausgesprochen.
Was genau ist denn das Ziel der parlamentarischen Untersuchungskommission?
Es geht um eine Untersuchung der Verantwortlichkeiten der Behörden und Organe bei der CS-Übernahme durch die UBS. Wir wünschen uns am Schluss eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge rund um die ganze Angelegenheit. Wie der detaillierte Auftrag aussehen soll, wird in einer zweiten Phase festgelegt. Es handelt sich aber um ein ausserordentliches Ereignis, bei dem der Bundesrat zu Notrecht griff. Die Räte wurden nicht involviert und sollen dies nun aufarbeiten.
Wann könnte die PUK ihre Arbeit aufnehmen?
Das Büro des Ständerats muss der Einsetzung einer PUK ebenfalls noch zustimmen. Die nächste ordentliche Sitzung dieses Gremiums ist auf den 5. Mai geplant. Ob vorher noch eine stattfindet, weiss ich aktuell nicht. Befürwortet das Büro die PUK ebenfalls, würde das Mandat formuliert. Im Anschluss müssten beide Räte zustimmen, was wohl erst in der Sommersession der Fall sein dürfte. Sprich: Die PUK beginnt ihre Arbeit wohl frühestens im Sommer.
Wer würde alles Mitglied sein in dieser Gruppe?
Wie viele Mitglieder dabei sein sollen, muss erst noch festgelegt werden. Zwingend ist nur, dass gleich viele Mitglieder aus National- und Ständerat vertreten sein müssen. Die Zusammensetzung der Kommission richtet sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweiligen Rat. Dabei haben grosse Fraktionen mehr Mitglieder als kleine Fraktionen. So soll auch die PUK ein Abbild der beiden Räte und somit der Bevölkerung darstellen.
Schärfste Waffe
Das darf eine PUK alles untersuchen
In den nächsten Wochen und Monaten dürfte die Abkürzung «PUK» die Schlagzeilen dominieren. Dabei handelt es sich um die parlamentarische Untersuchungskommission, die schärfste Waffe des Parlaments. In der Geschichte der Schweiz wurde erst viermal eine PUK eingesetzt: 1964 zum Mirage-Skandal, 1989 zur Fichenaffäre, 1990 zur Geheimtruppe P-26 sowie 1996 zur Untersuchung von Problemen bei der Pensionskasse des Bundes.
Die Mitglieder der Organisation haben weitreichende Befugnisse und dürften selbst Protokolle der Bundesratssitzungen einsehen. Zudem dürfen sie Drittpersonen vorladen, im aktuellen Fall also etwa Spitzenpersonal von UBS oder Credit Suisse. Falschaussagen vor der PUK sind strafbar. Der Andrang auf die Mitgliedschaft in diesem Gremium wäre wohl gross. So wurde etwa der frühere PUK-Chef Moritz Leuenberger (SP) später in den Bundesrat gewählt.
Im aktuellen Fall wurde diese vom Büro des Nationalrats aufs Tapet gebracht. In diesem Gremium sitzen neben dem Nationalratspräsidenten seine Vize, Stimmenzählende sowie die Fraktionschefs.
Wie ist es zu einer ausserordentlichen Session gekommen?
Bei der beschlossenen Verpflichtung geht es um mehr als 500 Millionen Franken. In einem solchen Fall kann die Einberufung der Bundesversammlung von einem Viertel der Mitglieder eines Rates verlangt werden. Dies war hier der Fall: 118 Mitglieder des Nationalrates haben es verlangt. So mussten wir gemäss Gesetz für die dritte Woche nach Einreichung des Antrags eine ausserordentliche Session einberufen.
Warum haben Sie die Vorstösse der SP zum Bankensystem nicht traktandiert? Es müsste nun doch schnell gehen.
Es sind nicht Vorstösse der SP, sondern von einzelnen Mitgliedern dieser Fraktion. Es ist nicht vorgesehen, dass man bei ausserordentlichen Sessionen Vorstösse aufnimmt von einzelnen Mitgliedern, sondern von Fraktionen und Kommissionen. Eine Mehrheit des Büros hat entschieden, wenn überhaupt, nur Kommissionsvorstösse zu behandeln.
Warum startet die Mega-Debatte erst am Abend um 17.15 Uhr? Wollen Sie eine riesige TV-Show in der Prime-Time?
Nein, da geht es um Abläufe. Am Morgen finden Fraktionssitzungen statt, dann beginnt der Ständerat die Debatte als Erstrat. Danach gibt es eine Sitzung der nationalrätlichen Finanzkommission, damit der Rat anschliessend die Debatte überhaupt aufnehmen kann. Klar, das werden sehr intensive Tage. Die Debatte am Dienstag wird «open end» sein, also wohl bis spät in die Nacht dauern. Am Mittwoch geht es dann weiter und am Donnerstagmorgen würde – sollte es eine brauchen – die Einigungskonferenz stattfinden.
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