Raiffeisen-Ökonom kritisiertHöhere Mietpreise – jetzt wird die Nationalbank zur Inflationstreiberin
Ab Oktober droht vielen Mieterinnen und Mietern ein Preisaufschlag und im April der nächste. Die SNB steht vor einem Dilemma. Die Mieten spielen eine wichtige Rolle bei der Inflation und könnten diese bald wieder steigen lassen.
Darum gehts
Die Nationalbank bekämpft die Inflation mit Leitzinserhöhungen.
Dadurch steigen auch die Mieten.
Das treibt den Konsumentenpreisindex hoch und damit auch die Inflation.
Im Juni dürfte der hypothekarische Referenzzinssatz erstmals steigen. Bisher ging der seit 2008 geltende Richtwert für die Mietzinsgestaltung stets nur nach unten, weshalb Mieterinnen und Mieter von Mietpreissenkungen profitieren konnten.
Wenn jetzt wie von vielen erwartet die Wende folgt, können Vermieterinnen und Vermieter ab dem nächsten Kündigungstermin im Oktober bei bestehenden Mietverträgen drei Prozent höhere Mietpreise verlangen, wie Ökonom Alexander Koch von Raiffeisen zu 20 Minuten sagt. Zudem könnten sie 40 Prozent der Teuerung auf die Mietparteien überwälzen.
Solche Preiserhöhungen dürfen sie aber nur verlangen, wenn sie in den vergangenen Jahren auch Mietpreissenkungen gaben. Das war laut Koch bei weniger als der Hälfte der Mieterinnen und Mieter der Fall. Auch die Preise für Neumieten könnten wegen des höheren Referenzzinssatzes Aufwärtsdruck verspüren. Sie ziehen wegen Wohnungsknappheit zuletzt aber eh schon wieder an, so Koch.
Inflation steigt wegen Mieten um ein Prozent
Damit dürften die Mieten zum Treiber der Inflation werden. Denn das Bundesamt für Statistik berechnet die Teuerung anhand des Landesindexes der Konsumentenpreise (LIK). Bei diesem Warenkorb machen die Wohnkosten etwa 20 Prozent aus. Steigen die Mieten, hat dies einen grossen Einfluss auf den LIK, so Koch.
Swisscom passt Preise der Teuerung an
Swisscom, Sunrise und Salt haben ihre AGB geändert und wollen die Preise infolge der Teuerung anpassen dürfen. Dabei wollen sich die Firmen am Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) orientieren. Vorzeitige Kündigungen sind dann trotz Preiserhöhungen nicht möglich.
Laut Koch dürfte der LIK im Herbst um 0,5 Prozent höher sein. Weil der Referenzzinssatz gemäss Koch auch im Dezember nochmals steigen dürfte und damit auch die Mieten ab April um weitere drei Prozent, könnte die Teuerung deshalb bis Mitte nächstes Jahr um insgesamt ein Prozent angehoben werden.
Diese Inflation ist nicht importiert, sondern von der Nationalbank (SNB) verursacht, so Koch. Seit letztem Jahr erhöhte sie den Leitzins in mehreren Schritten, um die Inflation zu bekämpfen. Doch damit steigen auch die Hypothekarzinsen und wenn sich der durchschnittliche Zinssatz der ausstehenden Hypotheken um mehr als 0,25 Prozent verändert, folgt eine Anpassung des hypothekarischen Referenzzinssatzes.
Nationalbank im Dilemma
Die SNB stehe vor einem Dilemma. «Eigentlich will sie die Teuerung unter zwei Prozent halten. Das versucht sie mit den Leitzinserhöhungen, was die Importpreise und die Wirtschaft dämpft. Doch gleichzeitig treibt sie damit auch den Referenzzinssatz und den Konsumentenpreisindex nach oben», sagt Koch.
Die staatlich regulierte Mietpreisanpassung ist eine Besonderheit des Schweizer Systems und weltweit einzigartig. Andere Notenbanken ziehen andere Inflationsindexe heran. Auch die SNB sollte die Inflation inklusive Mieten differenzierter beurteilen und die Zinsen wegen des absehbaren Mietpreisschubes nicht weiter erhöhen, falls der Preisdruck bei anderen Güter- und Dienstleistungskategorien nachlässt, schlägt Koch vor.
Zahlst du Miete?
Das vorrangige Ziel der SNB ist die Gewährleistung der Preisstabilität, sagt ihr Sprecher Alain Kouo. Die Nationalbank berücksichtige die Mieten bei der Inflationsentwicklung und die Leitzinserhöhungen wirkten grundsätzlich inflationsdämpfend. Sie führten tendenziell zu einer Aufwertung des Frankens und verteuerten Kredite, was zu einer geringeren gesamtwirtschaftlichen Nachfrage führe.
Ob es an der nächsten SNB-Sitzung am 22. Juni zu einer weiteren Leitzinserhöhung kommt, verrät der Sprecher wie üblich nicht vor dem Termin.
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