Rotterdam: Holland macht Piraten den Prozess

Aktualisiert

RotterdamHolland macht Piraten den Prozess

Der erste Prozess gegen mutmassliche somalische Piraten in Europa ist am Dienstag in Holland eröffnet worden.

Die Somalier vor Gericht in Rotterdam.

Die Somalier vor Gericht in Rotterdam.

Mit dem Verfahren wollen die Niederlande einen Beitrag für den internationalen Kampf gegen die Seeräuberei am Horn von Afrika leisten.

Vor dem Amtsgericht in Rotterdam müssen sich fünf Somalier im Alter von 25 bis 45 Jahren verantworten. Sie sollen Anfang 2009 einen unter der Flagge der Niederländischen Antillen fahrenden türkischen Frachter mit einem Raketenwerfer und anderen Waffen angegriffen haben.

Diese Vorwürfe seien praktisch nicht zu beweisen, erklärte einer der Verteidiger. «Das ist nicht mehr zu überprüfen, denn das Boot, in dem die Männer sassen, liegt auf dem Meeresgrund», sagte Rechtsanwalt Jan Ausma.

Das Boot war am 2. Januar vorigen Jahres von der türkischen Besatzung des Frachters «Samanyolu» mit Leuchtmunition in Brand geschossen und dadurch versenkt worden. Ein dänischer Marinehelikopter fischte die Somalier aus dem Wasser.

Vier Wochen später lieferte Kopenhagen sie an die niederländische Justiz aus. Ihnen drohen Gefängnisstrafen von bis zu zwölf Jahren. Der Prozess ist auf fünf Tage angesetzt. Das Urteil soll am 16. Juni fallen. Dass die Somalier nach Verbüssung einer eventuellen Strafe in ihre Heimat zurückkehren, gilt in den Niederlanden als unwahrscheinlich.

Einer von ihnen habe bereits erklärt, er werde Asyl beantragen, berichtete der Sender NOS. Nach niederländischem Recht können die Männer auch im Falle einer Verurteilung nicht abgeschoben werden, da das völlig zerrüttete Bürgerkriegsland Somalia als zu gefährlich gilt.

Im vergangenen Jahr zählte das Internationale Schifffahrtsbüro (IMB) vor den Küsten Somalias 215 Piratenüberfälle, weltweit waren es 409. Die meisten Piraten, die in den vergangenen Jahren von ausländischen Kriegsschiffen gefangengenommen wurden, kamen später wieder frei - aus Mangel an Beweisen oder weil die örtlichen Gefängnisse überfüllt und die Gerichte überlastet waren.

In Somalias Nachbarland Kenia wurde bisher mehr als 110 Piraten der Prozess gemacht. Im Jemen verurteilte ein Gericht vor einer Woche sechs Piraten zum Tode. Sie hatten versucht, einen jemenitischen Öltanker zu kapern.

(sda)

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