USA: Wintersturm Elliott fordert viele Opfer

Aktualisiert

Wintersturm in den USAZahl der Opfer steigt – Menschen erfrieren oder sterben bei Unfällen

In weiten Teilen der USA wird das Weihnachtsfest von den Auswirkungen eines heftigen Wintersturms überschattet. 

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Vielerorts fiel wegen des arktischen Sturms der Strom aus (im Bild: Omaha, Nebraska, 22. Dezember 2022).

Vielerorts fiel wegen des arktischen Sturms der Strom aus (im Bild: Omaha, Nebraska, 22. Dezember 2022).

IMAGO/ZUMA Wire
Sturm Elliott brachte Eiswind mit sich – wie hier im McLean County, Illinois. (23. Dezember 2022)

Sturm Elliott brachte Eiswind mit sich – wie hier im McLean County, Illinois. (23. Dezember 2022)

IMAGO/ZUMA Wire
Der Anblick der Palmen mag täuschen. Auch in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina herrschte eisige Kälte. (24. Dezember 2022) 

Der Anblick der Palmen mag täuschen. Auch in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina herrschte eisige Kälte. (24. Dezember 2022) 

AFP

Darum gehts

  • Der arktische Sturm Elliott hat in den USA bereits mehrere Todesopfer gefordert.

  • Die meisten Todesfälle gehen auf Verkehrsunfälle zurück.

  • Es wurden bislang bis zu minus 40 Grad gemessen.

  • In Erie County im US-Bundesstaat New York werden noch viele Menschen eingeschlossen in ihren Autos befürchtet.

Die Zahl der Toten infolge des eisigen Wintersturms in weiten Teilen der USA ist auf mindestens 34 gestiegen – der Sender NBC berichtet gar von über 40 Toten. Opfer starben bei Unfällen auf eisglatten Fahrbahnen, erfroren bei extremen Minustemperaturen oder kamen unter anderen wetterbedingten Umständen um, wie die Behörden mitteilten. Allein as dem Staat New York wurden am Sonntag mindestens 13 Tote gemeldet. Dort sprach Gouverneurin Kathy Hochul von einem «verheerenden» Sturm.

Die Kältezone reichte von den Grossen Seen bis hinunter zum Rio Grande an der mexikanischen Grenze, Millionen Menschen waren betroffen. Selbst im notorisch sonnigen Florida gab es Frost. Hunderttausende Haushalte und Geschäfte von der Ost- bis an die Westküste waren zeitweise ohne Strom.

Das Ausmass des Sturms mit Blizzards, Eisregen, Überschwemmungen und lebensgefährlichen Temperaturstürzen war fast beispiellos. Für etwa 60 Prozent der US-Bevölkerung galten Wetterwarnungen. Zwischen den Rocky Mountains und den Appalachen fielen die Temperaturen weit unter die sonst üblichen Werte. Unter diesen Umständen könne man sich im Freien binnen Minuten Erfrierungen holen, warnte der Wetterdienst.

Menschen steckten in ihren Autos fest

Am Samstag wurden mehr als 2360 Inlands- und internationale Flüge gestrichen, wie aus der Webseite FlightAware hervorging. Am Sonntagnachmittag (Ortszeit) waren es demnach schon mehr als 1707. Die Strom- und damit auch die Wärmeversorgung konnte bis zum Sonntag teilweise wieder hergestellt werden. Laut der Webseite poweroutage.us waren am späten Sonntagnachmittag Ostküstenzeit weniger als 200’000 Haushalte ohne Strom – nach 1,7 Millionen auf dem Höhepunkt der Ausfälle. Mit zeitweisen Abschaltungen sei aber in den kommenden Tagen weiter zu rechnen, erklärten die Versorgungsunternehmen.

Nahe den Grossen Seen an der Grenze zu Kanada hatte sich nach Angaben von Meteorologen ein «Bomben-Zyklon» gebildet. Er entsteht, wenn der Luftdruck in einem Tiefdruckgebiet ungewöhnlich schnell abfällt. Die Folge sind heftige Schneestürme – Blizzards – und Temperaturstürze um mehrere Dutzend Grad innerhalb einiger Stunden.

Besonders betroffen war die Stadt Buffalo. Dort erreichte der Wind Hurrikanstärke, die Sicht inmitten der Schneewüste sank praktisch auf Null. Auch Rettungsdienste waren lahmgelegt; mehrere Menschen kamen bei medizinischen Notfällen ums Leben, weil sie nicht rechtzeitig erreicht und versorgt werden konnten, wie ein Sprecher des Bezirks Erie erklärte. New Yorks Gouverneurin Hochul sagte, fast alle Löschfahrzeuge in Buffalo steckten fest. Der dortige Flughafen wurde bis Dienstag geschlossen. Am Sonntag um 7 Uhr betrug die Schneehöhe am Flughafen nach Angaben des Wetterdienstes 1,09 Meter.

Reptilien fallen von den Bäumen

In der Stadt Cheektowaga in Erie County, einem Bezirk im Staat New York, starben am Freitag zwei kranke Menschen in ihren Häusern, nachdem Einsatzkräfte sie inmitten des Wintersturms nicht rechtzeitig hatten erreichen können. In Erie County seien bis zum Sonntagabend (Ortszeit) zehn weitere Menschen wetterbedingt umgekommen, darunter sechs in Buffalo, sagte Bezirkssprecher Mark Poloncarz. «Manche wurden in Autos gefunden, manche wurden auf der Strasse in Schneewehen gefunden», sagte er. Er befürchte weitere Todesopfer. «Wir wissen von Menschen, die seit mehr als zwei Tagen in Autos feststecken.» Im Bezirk Niagara County erlitt ein 27-Jähriger nach Behördenangaben eine Kohlenmonoxid-Vergiftung, als Schnee seinen Holzofen blockierte.

Am Flughafen von Tampa in Florida zeigte das Thermometer erstmals seit fast fünf Jahren Temperaturen unter null Grad an, auch in anderen Gegenden des sonst eher warmen US-Staats gab es nach Angaben des Wetterdienstes Frost. Selbst in West Palm Beach wurden nur sechs Grad gemessen, dort fielen Iguanas von den Bäumen. Die kaltblütigen Reptilien sind bei Kälte bewegungsunfähig.

Welches ist deine Lieblingsjahreszeit?

Ditjak Ilunga aus dem Staat Maryland war mit seinen Töchtern auf der Fahrt zu einem Weihnachtsbesuch bei Verwandten in Kanada, als ihr SUV am Freitag in Buffalo im Schnee steckenblieb. Hilfe war nicht in Sicht, deshalb verbrachten die Drei die nächsten Stunden bei laufendem Motor in ihrem Fahrzeug, das vom Wind hin- und hergeschüttelt und unter Schnee fast begraben wurde. Am frühen Samstagmorgen ging das Benzin nur Neige und es blieb nur die Wahl, das Wagnis einzugehen und sich inmitten des Schneesturms zu einer nahe gelegenen Notunterkunft durchzuschlagen.

Ilunga trug seine sechsjährige Tochter, die 16-jährige Tochter folgte in seinen Fussspuren, den Welpen der Familie auf dem Arm. «Wenn ich in diesem Wagen bleibe, sterbe ich hier mit meinen Kindern», habe er gedacht, berichtet er. Als die Familie die Notunterkunft erreichte, kamen ihm die Tränen. Das Erlebnis werde er sein ganzes Leben lang nicht vergessen, sagt Ilunga.

Paar verzichtet auf zehnminütige Fahrt zu Weihnachtsfeier

Ein Paar aus Buffalo sagte der Nachrichtenagentur AFP, wegen der völlig unpassierbaren Strassen verzichte es auf die zehnminütige Fahrt zur Weihnachtsfeier mit der Familie. Viele Feuerwehrleute schickten «noch nicht einmal Fahrzeuge zu Einsätzen hinaus», sagte die 40-jährige Rebecca Bortolin. Die Verkehrsämter mehrerer Bundesstaaten rieten Autofahrern, lieber zu Hause zu bleiben – und das zur beliebtesten Reisezeit des Jahres.

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Die arktische Kältefront brachte auch die Weihnachtspläne vieler Reisenden durcheinander: Fast 6000 Flüge waren nach Angaben der Flugdaten-Webseite FlightAware bereits am Freitag gestrichen worden, am Samstag waren es knapp 3000. US-Medien sahen unter Berufung auf Wetterexperten mancherorts die Voraussetzungen eines sogenannten «Bombenzyklons» erfüllt: Das ist ein Wetterphänomen, bei dem der Luftdruck innerhalb kurzer Zeit extrem abfällt, und der die Wucht des Sturms verstärkt.

(DPA/AFP/roy)

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