Kuno Lauener «‹I schänke dr mis Härz› war uns peinlich»
Nach fünf Jahren Pause sind Züri West mit einem neuen Album zurück. Frontmann Kuno Lauener (56) über seinen Rockstar-Status, finanzielle Sorgen und seinen grössten Hit.
- von
- Martin Fischer
Du bist eine Schweizer Musiklegende. Wie lebt es sich mit diesem Status?
An den Swiss Music Awards Anfang Februar habe ich viele jüngere Musiker getroffen, Lo & Leduc oder Pegasus, zum Beispiel. Ich merke, die kennen meine Musik. Das freut mich, es macht mich stolz – und ein bisschen verlegen.
Wirst du im Alltag oft angequatscht?
Es ist speziell, durch die Stadt zu gehen und zu denken: ‹Jeder weiss, wer du bist, aber du hast keine Ahnung, wer die sind.› Wenn ich gut gelaunt bin, ist das kein Problem. Aber manchmal bin ich froh, wohnt mein Bruder in Spanien. Zwischendurch tut es gut, etwas Zeit bei ihm zu verbringen.
Du stehst jetzt seit über 30 Jahren im Rampenlicht: Was hat das mit dir gemacht?
Wenn man anfängt, ist der Himmel der Horizont, alles ist möglich, man will berühmt werden. Wenn es dann passiert, realisierst du irgendwann, dass du das nicht mehr ausknipsen kannst. Es ist wie eine Tätowierung.
Wie fühlt sich das an?
Es kann einem Angst machen.
Hast du je Lust gehabt, daraus auszubrechen?
Diese Momente gibt es, ja. Dass es manchmal länger dauert, bis wir wieder ein Album veröffentlichen, hat auch damit zu tun, dass ich mich nicht bereit dazu fühle.
Was hilft in solchen Momenten?
Dass ich Kinder habe. Das setzt eine neue Perspektive. Ich bin jetzt nicht mehr der Wichtigste im Haus.
Brauchst du es, bewundert zu werden?
Früher war das schon toll. Ich habe es genossen, auch frauentechnisch. Damals hab ich mich manchmal wohl etwas zu wichtig genommen. Aber das relativiert sich mit der Zeit.
Wie ist es heute mit Groupies?
Ich bin jetzt schon lange in einer Beziehung. Und meistens glücklich.
Gibt es etwas, das dich vom Schlafen abhält?
Das Leben an und für sich. Ich bin ein Schlecht-Schläfer. Das hat sich auch mit den Kindern nicht geändert: Ich bin immer noch der Erste, der wach ist.
Was macht dir Angst?
In Bezug auf die Musik frage ich mich: Wo führt diese Gratis- oder Halbgratis-Kultur hin? Ich glaube nicht, dass das bessere Musik bringt. Angst ist übertrieben, aber es macht mich skeptisch.
Spürst du finanziellen Druck?
Der besteht. Ich kann immer noch von den Tantiemen leben. Aber heute verdient man vor allem noch mit den Konzerten Geld. Wir mussten da zuerst herausfinden, wie wir das am besten handhaben. Jetzt schauen wir, ob es aufgeht.
Du wirst als Texter verehrt. Beeinflusst dich das beim Schreiben?
Beim Texten war ich dieses Mal entspannter als auch schon. Seit ich Vater geworden bin, habe ich schlicht weniger Zeit, um lange und konzentriert zu schreiben. Mit den Kindern habe ich wieder eine Art Fuck-off-Haltung entwickelt – ich kann es nicht allen recht machen.
Ein Talent, das du gern hättest?
Richtig singen zu können! Ich kann vom Singen leben, aber ich kanns nicht wirklich gut.
Letzte Frage: Wusstest du damals, dass «I schänke dr mis Härz» gut kommt?
Nein. Damals war Grunge angesagt. Der Song war uns fast ein bisschen peinlich. Wir haben uns gefragt: ‹Kann man das noch bringen?›
«Love» heisst das neue Album von Züri West, das am Wochenende erschienen ist. Die beiden Vorab-Singles «Schachtar gäge Gent» und «Schatteboxe» gibts hier – die beiden Songs teilen sich ein identisches Video.