Berlusconi sauerIbrahimovic: Genie und Wahnsinn
Kaum von einer Sperre zurück, holte sich Zlatan Ibrahimovic schon wieder einen Platzverweis ab und verärgert damit die Milan-Anhänger und vor allem Milan-Boss Silvio Berlusconi.
- von
- Eva Tedesco

Zlatan Ibrahimovic: Am Schweden scheiden sich die Geister.
Das schwedische Enfant terrible hatte erst vor vier Wochen in Bari wegen einer Tätlichkeit Rot gesehen und war für zwei Spiele gesperrt worden. Am Sonntag flog «Ibra» in Florenz wieder vom Platz. Diesmal hat der Stürmer den Linienrichter beleidigt und kassierte drei Spielsperren.
Sechs Runden vor Schluss steht der 17-fache italienische Meister mit drei Punkten Vorsprung auf Napoli an der Tabellenspitze der Serie A und ist auf Titelkurs. Es wäre der erste «Scudetto» für die «Rossoneri» seit sieben Jahren. Störfälle auf dem Weg dahin sind nicht willkommen. Deshalb kritisierte Berlusconi den Torjäger nach der neuerlichen Disziplinlosigkeit hart. Der italienische Ministerpräsident in der «Gazzetta dello Sport»: «Er hat so gut angefangen, aber seit einiger Zeit hat er nicht mehr getroffen. Ausserdem ist er gerade aus einer Sperre zurück. Vielleicht habe ich mein Geld für ihn verschwendet.»
Eigenwilliger Hüne mit vielen Eskapaden
Ibra wechselte im August 2010 leihweise für ein Jahr von Barcelona zur AC Milan, das sich verpflichtete, den Spieler für 24 Millionen Euro zu kaufen. Bis 2014 muss Milan jährlich acht Millionen Euro an Barça überweisen. 14 Tore hat der Stürmer in 28 Spielen geschossen, aber nur noch einen Treffer in den letzten zehn Partien. Er ist in Holland Meister geworden, in Italien und in Spanien. Ibrahimovic zählt zu den besten Stürmern der Welt. Von sich reden macht der eigenwillige Hüne aber oft wegen seinen Eskapaden.
«Er war der Prototyp eines Jungen, mit dem es böse endet», erinnert sich seine Rektorin Agneta Cederman an den Krawallbruder aus dem Malmöer Ausländerviertel Rosengard. Bei den Junioren des FBK Balkan hat Ibra einmal ein Fahrrad gestohlen, um ins Training zu kommen. Das Velo hat er behalten, bis man es ihm wiederum gestohlen hat. «Dann habe ich einfach ein anderes geklaut. In der Gegend, in der ich aufgewachsen bin, ist das normal», erzählte er der 20-Minuten-Redaktorin im Februar 2008 in einem Interview. Und auch, dass er immer wieder wegen kleinen Scharmützeln von der Polizei aufgegriffen worden war. «Ich war jung und es ist passiert – was soll ich da verheimlichen?»
Spitze Zunge auch gegenüber Spielern
Fadengrad. Dafür ist der Stürmer bekannt und gefürchtet. Mit schwedischen Journalisten spricht er schon lange nicht mehr, obwohl er als Captain die schwedische Nationalmannschaft anführt. In Spanien blamierte er einen Medienvertreter, weil dieser an einer Pressekonferenz schlecht vorbereitet war. Und auch vor Spielern macht seine Spitze Zunge nicht Halt. Über den Norweger John Carew sagte er einst: «Was der mit dem Ball kann, kann ich mit einer Orange.» Und zum ehemaligen Schweizer Internationalen Stéphane Henchoz, nachdem er den einstigen Liverpool-Verteidiger mit einem spektakulären Dribbling nass gemacht hatte: «Erst ging ich nach links, das machte er auch. Dann ging ich nach rechts, das machte er auch. Dann ging ich wieder nach links, und er ging und kaufte sich lieber eine Wurst.»
Viele bezeichnen Ibrahimovic als arrogant. Er selber sagt von sich: «Ich sage, was ich, wann ich will – aber wenigstens bin ich ehrlich.» Er sei kein Fussballer, der politisch korrekt sein will. Vielleicht war es diese direkte Art, die zum guten Verständnis mit José Mourinho geführt hat. Unter dem Portugiesen wuchs er in der Zeit bei Inter Mailand über sich hinaus. «Wenn du keinen hast, der dich motiviert, dann kämpfst du auch nicht für ihn. Als ich unter Mou gespielt habe, wäre ich rausgegangen und hätte für ihn getötet. Mit anderen war es einfach nur Fussball.»
Provoziert er den Abgang?
Im Italien glauben einige sogar, dass der Stürmer seine Ausschlüsse zuletzt provoziert habe. Doch auch da spricht der Schwede Klartext: «Ich will bei Milan bleiben.» Dann wäre er aber gut beraten, wenn er sich möglichst rasch wieder mit Berlusconi gut stellt – am besten mit Toren, die zum «Scudetto» führen.