GLP-PolitikerinSanija Ameti erhält bis zu 100 Hassmails pro Tag – jetzt wehrt sie sich
Sanija Ameti, Co-Präsidentin der Operation Libero, wird für ihre politischen Tätigkeiten angefeindet. Jetzt wehrt sie sich, indem sie Hassmails anonym veröffentlicht.
- von
- Daniel Graf
Darum gehts
Seit sie in der Öffentlichkeit stehe, erhalte die GLP-Politikerin und Co-Präsidentin der Operation Libero Sanija Ameti Hassmails – vor allem von Männern mit gängigen Schweizer Namen.
Nun hat sie beschlossen, fortan regelmässig solche Hassmails zu publizieren.
«Ich will darüber sprechen, dass die Abwertung von Frauen, insbesondere von Frauen mit Migrationshintergrund, in der Schweiz System hat», sagt sie.
Sanija Ameti ist Co-Leiterin der Operation Libero und Mitglied der Parteileitung der Grünliberalen Zürich. «Seit meinem ersten Tag in der Öffentlichkeit erhalte ich Hassmails. Im Schnitt sind es etwa zehn bis 20 pro Tag, an manchen Tagen über 100. Ich habe aufgehört, zu zählen», sagt Ameti gegenüber 20 Minuten.
Ameti zählt die Hassmails zwar nicht mehr – dafür veröffentlicht sie sie jetzt teilweise. Auf Twitter, den Absender zensiert sie. «Mir geht es nicht darum, Menschen zu exponieren. Ich will einen Einblick geben in den Alltag als Politikerin mit Migrationshintergrund.» Ameti will darüber sprechen, dass in der Schweiz «die Abwertung von Frauen, insbesondere von Frauen mit Migrationshintergrund, System hat. Das sind keine Einzelfälle.»
«Sei dankbar oder hau ab»
In den ersten vier Mails, die sie am Sonntag veröffentlichte, komme diese Abwertungsmentalität besonders explizit zum Vorschein: «‹Du bist keine richtige Schweizerin, sei dankbar und hör auf, dich in ‘unsere’ Politik einzumischen, oder hau ab.› Mit dieser Dankbarkeits-Strategie wird das Machtgefälle einerseits zwischen Frauen und Männern und anderseits zwischen ‹Eidgenossen› und ‹Papierlischweizern› aufrechterhalten», sagt Ameti.
Meistens seien es «Männer mit gängigen Schweizer Namen», die ihr schrieben. «Wenn ich solche Mails erhalte, erinnere ich mich oft daran, wie ich vor einigen Jahren für eine Publikation zum Frauenstimmrecht im Archiv gestöbert habe. Dort habe ich alte Dokumente und Plakate gefunden, auf denen stand, Frauen sollten gefälligst dankbar sein, dass sie ein schönes Zuhause in der Schweiz haben, und die Politik den Männern überlassen», sagt die Politikerin. «Und dann denke ich an die Heldinnen von damals. Das macht mich sehr glücklich.»
«Kulturprobleme löst man, indem man darüber spricht»
Oft bleibe es nicht bei der Aufforderung, dankbar zu sein und die Klappe zu halten: «Ich habe auch schon Morddrohungen erhalten. Das könnte strafrechtlich relevant sein, doch um das zu verfolgen, fehlen mir die Zeit und auch das administrative Talent.»
Ameti glaubt auch nicht, dass eine strengere Gesetzgebung die Lösung ist: «Es ist ein Kulturproblem. Und Kulturprobleme löst man, indem man darüber spricht und versucht, Awareness zu schaffen.» Sie habe sich entschieden, das jetzt zu tun – auf Twitter unter dem Hashtag #guteNachtliebeSchweiz.
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