Sawiris Luxushotel in früherem Mussolini-KZ empört viele

Publiziert

Montenegro«Ich bin angewidert» – Empörung über Sawiris Luxushotel in Ex-Mussolini-KZ

«Kein Respekt!» «Schande» «Null Sterne» – obwohl das Luxushotel Mamula Island erst im April 2023 eröffnet, hagelt es schon ordentlich schlechte Kritik. Das steckt dahinter. 

von
Fee Anabelle Riebeling
1 / 25
Wer die Geschichte der Insel Mamula nicht kennt, dürfte von dem dort bald eröffnenden Luxushotel beeindruckt sein.

Wer die Geschichte der Insel Mamula nicht kennt, dürfte von dem dort bald eröffnenden Luxushotel beeindruckt sein.

Getty Images/iStockphoto
Das Hotel ist auf der gleichnamigen kleinen Insel im Adriatischen Meer gelegen, rund 6,3 Kilometer von der montenegrinischen Stadt Herceg Novi entfernt.

Das Hotel ist auf der gleichnamigen kleinen Insel im Adriatischen Meer gelegen, rund 6,3 Kilometer von der montenegrinischen Stadt Herceg Novi entfernt.

Google Earth Pro
Das Hotel «Mamula Island» sieht top aus. 

Das Hotel «Mamula Island» sieht top aus. 

Mamula Island/M​a​r​k​ ​A​n​t​h​o​n​y​ ​F​o​x​

Darum gehts

  • Ein ehemaliges Konzentrationslager wurde in Montenegro zu einem Luxushotel umgemodelt. 

  • Das gefällt offenbar nicht allen. 

  • Wie schon bei der Veröffentlichung der Baupläne zeigen sich Einheimische, Touristen und Angehörige ehemaliger Gefangener entsetzt. 

  • Auf Google hat «Mamula Island» lediglich zwei Sterne, wobei die Ein-Stern-Kritiken deutlich überwiegen.

Drei Restaurants, vier Bars, drei Pools, eine Sonnenterrasse, ein eigener Strand und rundherum nur Meer – auf den ersten Blick bietet das Hotel «Mamula Island» alles, was sich Fans von Luxusferien wünschen. Dazu liegt es noch mitten im Unesco-Weltkulturerbe, der Bucht von Kotor. Trotzdem hat es bereits vor der offiziellen Eröffnung im April 2023 schlechte Bewertungen. Die Ein-Stern-Kritiken überwiegen deutlich. Von «Ich bin angewidert», «Eine Schande», bis hin zu «Skandalös» ist alles dabei. An den hohen Übernachtungspreisen, die in der Nebensaison bei 500 Euro und in der Hauptsaison bei 1300 Euro starten, liegt das nicht.

Früher Konzentrationslager, heute Luxushotel

Der Grund für die heftigen Reaktionen liegt in der Vergangenheit. Denn die montenegrinische Insel, auf der sich das Hotel befindet, war einst alles andere als ein Ort zur Entspannung: Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete der österreichische General Lazarus von Mamula auf der damals noch Lastavica genannten Insel ein Fort, das der Verteidigung dienen sollte.

Im Zweiten Weltkrieg wurde dieses vom faschistischen Regime Italiens unter Benito Mussolini als Konzentrationslager genutzt. Bis zu 2000 Menschen wurden hier laut dem Balkan Investigative Reporting Network (Birn) vom 30. Mai 1942 bis zur italienischen Kapitulation im September 1943 gegen ihren Willen untergebracht, gefoltert und getötet. Nach Angaben früherer Häftlinge wurden dort mindestens 80 Gefangene hingerichtet, 50 weitere verhungerten.

Mamula ist eine Insel mit düsterer Vergangenheit. 

20min/Daniel Schnuriger

Heftige Reaktionen schon nach der Verkündung 

Und genau in diesen alten Gemäuern mit der wenig ruhmvollen Geschichte ist nun das Luxushotel «Mamula Island» entstanden. Hinter dem Projekt steht die Orascom Development Holding (ODH) mit Sitz in der Schweiz, deren Verwaltungsrat bis 2022 der ägyptische Investor und Milliardär Samih Sawiris war. ODH hat die Insel im Jahr 2016 für 49 Jahre von Montenegro gemietet, wie das Unternehmen damals mitteilte.

«Auf der ganzen Welt ist noch kein Konzentrationslager zu einem Hotel umgebaut worden.»

Olivera Doklestic, Aktivistin und Bauingenieurin

Schon damals wurde Kritik an dem Vorhaben laut: Nachdem die Hotelpläne öffentlich wurden, meldeten sich Angehörige der Opfer zu Wort und forderten, aus dem ehemaligen Gefängnis eine Gedenkstätte zu machen. An einem Ort, «an dem so viele Menschen gestorben sind und gelitten haben», dürfe kein Hotel entstehen, sagte die Aktivistin und Bauingenieurin Olivera Doklestic, deren Vater, Grossvater und Onkel auf Mamula inhaftiert waren. «Auf der ganzen Welt ist noch kein Konzentrationslager zu einem Hotel umgebaut worden.»

Auch Prominente kritisieren das Bauvorhaben: Unter anderem der ehemalige UN-Generalsekretär, Boutros Boutros-Ghali, wendete sich mit einem offenen Brief (Pdf) an den damaligen Präsidenten des montenegrinischen Parlaments: Man sei erstaunt, dass «die einzige Option, die für die Erhaltung und Nutzung des Forts Mamula vorgestellt und in Betracht gezogen wurde, ein rein geschäftlicher Vorschlag» sei. Die Festung sei ein «historisches Denkmal, ein bleibendes Zeugnis der turbulenten Vergangenheit der Konflikte und Kriege in dieser Region» und ein «nationaler, kultureller, architektonischer und natürlicher Schatz Montenegros und Teil des gemeinsamen kulturellen Erbes der Menschheit.»

Gedenkgalerie soll an dunkle Zeiten erinnern

Geändert an den Plänen hat all dies nichts: Sowohl ODH als auch das Tourismusministerium Montenegros wiesen die Kritik zurück. Die ehemaligen Gefangenen hätten den Bauplänen zugestimmt, liess die Firma damals mitteilen. Zudem solle der Umbau zum Hotel mit «minimalen Eingriffen» erfolgen. Ausserdem sei ein Denkmal für die Gefangenen geplant, erklärte Olivera Brajovic vom Tourismusministerium damals. In Medienberichten ist heute von einer Gedenkgalerie zu lesen.

Wie die genau aussieht, ist unklar. «Besonders spannend an diesem Projekt war, die Balance zu finden zwischen dem respektvollen Umgang mit der Vergangenheit und gleichzeitig der Umwandlung zu einem ausdrucksstarken Ort, wo Entspannen, Geniessen und Eintauchen in die Natur Programm sind», lässt sich der Direktor des Hotels «Mamula Island» Henning Schaub in einer Mitteilung zitieren. Doch damit, das zeigen die negativen Google-Bewertungen der letzten Monate, geben sich die Angehörigen der Opfer und andere Kritiker offenbar nicht zufrieden.

Wie stehst du zu dem Hotel?

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung

74 Kommentare