Lunik-Jaël: «Ich dachte, meine Musik-Karriere sei vorbei»

Aktualisiert

Lunik-Jaël«Ich dachte, meine Musik-Karriere sei vorbei»

Jahrelang feierte Jaël Malli als Sängerin von Lunik Erfolge. Dann war Schluss. Für ihr neues Soloalbum muss sie alleine den Kopf hinhalten.

Neil Werndli
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Neil Werndli

Wusstest du gleich nach der Trennung von Lunik, dass du ein Soloalbum machen willst?

Jaël: Das war lange nicht so klar. Eigentlich dachte ich, meine musikalische Laufbahn wäre damit abgeschlossen. Ich hatte auch Angst: So eine Soloplatte hätte ich mir früher nicht zugetraut, obwohl mir ständig Leute dazu geraten haben. Nach der Auflösung von Lunik gab es dann nur noch diese eine Möglichkeit. Oder ein Leben ohne Musik.

Das Album hast du per Crowdfunding finanziert. Erinnerst du dich an den Shitstorm, der über Anna Rossinelli einbrach?

Ja, das war nur ein Monat, bevor ich meine Kampagne gestartet habe. Ich habe aber keine einzige negative Rückmeldung erhalten. Einen Grossteil der Produktion musste ich aus eigener Tasche vorschiessen, deshalb war ich froh um meine treue Fanbase. So ein Album ist unglaublich teuer.

Wie war es denn, ohne deine angestammte Band im Studio zu stehen?

Es ist schön, etwas nach den eigenen Vorstellungen durchziehen zu können – dafür muss man nachher auch alleine den Kopf hinhalten, wenn es nicht funktioniert. Es hat Spass gemacht. Irgendwann dachte ich: Wenn es niemandem gefällt, dann immerhin mir selbst.

Stell dir vor, «Shuffle the Cards» wäre ein Lunik-Album geworden. Denkst du, es wäre anders?

Mir hat neulich jemand gesagt, wenn man die Augen schliesst könne man sich gut vorstellen, dass da Lunik läuft. Aber das macht auch Sinn: Unser Stil hat sich ja immer gewandelt – von Trip-Hop über Pop bis zu akustisch und mit Orchester. Deshalb haben viele Fans Lunik vor allem über meine Stimme definiert – und die ist noch da.

Die Texte seien entstanden aus «Fragen, die man sich mitten im Leben stellt», steht im Pressetext. Klingt da eine Midlife-Crisis durch?

Wenn, dann eher ein Midlife-High. Im Moment macht mir das Älterwerden Freude. Klar stelle ich mir Fragen über das Leben: Wo komme ich her, wo gehe ich hin?

Du arbeitest mittlerweile auch als Schauspielerin. Was sagt dir denn mehr zu?

Ich versuche es zu kombinieren. Ich hätte einmal eine Rolle bei «Der Bestatter» übernehmen können, aber wir haben genau an den Drehtagen mit Lunik auf dem Gurten gespielt, also musste ich absagen. Manchmal geht es nicht aneinander vorbei. Musik bleibt meine Priorität.

Man spielt doch auch beim Singen manchmal eine Rolle.

Ja, aber im Theater oder im Film bekommt man sie vorgesetzt. Bei der Musik schreibe ich meine Rolle selbst, deshalb ist sie näher bei mir. Aber das stimmt schon: Wenn man etwa als verheiratete Frau einen Trennungssong singt, muss man sich da auch hineinversetzen. Ich habe ja schon etwas gelebt und kann nun von den Erfahrungen zehren.

Du hast in London aufgenommen. Konzentrierst du dich trotzdem auf die Schweiz oder gehst du mit dem Album ins Ausland?

Die Promo läuft vor allem in der Schweiz, aber wir werden definitiv versuchen, auch im Ausland zu spielen. Mal schauen, ob wir da ein paar kleine Clubs finden. Das wird alles sehr guerilla-mässig: Ich werde mir wieder ein neues Publikum erspielen müssen – wie in der guten alten Zeit.

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