Ivan Rakitic«Ich fühle mich als Schweizer»
Am Mittwoch spielt die Nati im letzten Testspiel vor der WM-Qualifikation gegen Kroatien. Mittendrin: Ivan Rakitic. Für den Doppelbürger ist die Partie «mehr als speziell».
- von
- Eva Tedesco
- Split
Er wurde in Rheinfelden (AG) geboren, wuchs in Möhlin auf, startete seine Profi-Karriere beim FC Basel. Doch trotz seines roten Passes entschied sich Ivan Rakitic im Juni 2007 gegen die Schweiz und für die kroatische Nationalmannschaft. Ein Entschluss, der wüste Beschimpfungen und auch Morddrohungen nach sich zog. Am Mittwoch spielt er mit Kroatien gegen sein anderes Heimatland.
Mit welchen Gefühlen gehen Sie in die Partie am Mittwoch?
Ivan Rakitic: Ich freue mich auf das Spiel, seit ich davon gehört habe. Es ist für mich mehr als nur ein spezielles Spiel. Es hat eine Bedeutung, die man fast nicht in Worte fassen kann.
Sie haben sich im Juni 2007 gegen die Schweiz entschieden. Sind Sie immer noch überzeugt davon, richtig gehandelt zu haben?
Ich habe meinen Entschluss nie bereut. Ich bin Schweizer und fühle mich als Schweizer, aber ein Teil von mir ist stolz darauf, für Kroatien zu spielen.
Sie haben die Schweiz vor nunmehr fünf Jahren verlassen. Haben Sie noch Kontakte in die Heimat?
Sehr gute sogar. Ich telefoniere oft mit Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka. Sie waren in meiner Juniorenzeit beim FCB einige Altersklassen unter mir. Mit Arianit, dem älteren Bruder von Xherdan, habe ich noch zusammen gespielt und so kennt man sich halt. Ausserdem höre ich FCB-Präsident Bernhard Heusler regelmässig und versuche, mich mit ihm auf einen Kaffee zu treffen, wenn ich in Möhlin bin. Und dann und wann bekomme ich auch Besuch aus der Schweiz. Im letzten Januar war der Basler Fanverantwortliche Adrian Grünig mit ein paar Jungs bei mir und hat sich das Derby in Sevilla angeschaut.
Apropos FCB: Inwieweit verfolgen Sie den Schweizer Fussball?
Sehr eng. Dank einer TV-Box kann ich die Spiele empfangen und schaue mir fast jedes FCB-Spiel an, wenn es geht und weiss meistens auch, was so beim FCB läuft.
Werden Sie auch irgendwann wieder in der Schweiz spielen?
(lacht) Ich bin ja erst 24 Jahre alt und ich denke, es ist viel zu früh, an eine Heimkehr zu denken. Ich will mich noch weiterentwickeln und mich in Spanien behaupten. Ich will noch den Schritt zu einem Top-Klub schaffen. Leider spielen wir mit Sevilla in der kommenden Saison nicht international. Aber ich habe ein Haus in Möhlin und natürlich wäre es ein Traum, wieder einmal in der Schweiz zu spielen – dann natürlich beim FCB.
Vorerst aber geht es gegen die Schweiz. Wie stark kann man Kroatien einschätzen?
Wir haben ein starkes Team mit einem guten Mix von Routiniers und hungrigen jungen Spielern. Ich habe für die Zukunft ein gutes Gefühl.
Obwohl Ihr Förderer und Naticoach, Slaven Bilic, nach der EM sein Amt abgegeben hat?
Es wird schon ein bisschen komisch, weil wir uns doch sehr lang kennen und Slaven Bilic einen wichtigen Teil dazu beigetragen hat, dass ich mich für die kroatische Nati entschieden habe. Aber ich kann verstehen, dass er nach sechs Jahren einen neuen Job machen will. Bei Lokomotive Moskau kann er sich täglich beweisen - und das freut mich.
Als sein Nachfolger wurde Igor Stimac bestimmt. Was können Sie zu Ihrem neuen Nationaltrainer sagen?
Noch nicht so viel, da ich ihn als Trainer ja noch nicht kenne. Wir treffen uns am Montag auch zum ersten Mal nach der EM. Ich kenne ihn als verdienten Spieler und weil er als Co-Kommentator des kroatischen Fernsehens mit uns mitreiste. Wir werden sehen. Ich denke aber, dass er nicht so ein kumpelhafter Typ ist wie Slaven. Ich schätze ihn eher als Persönlichkeit ein, die distanzierter sein wird. Aber klar ist, dass wir auch mit Stimac an die WM wollen.
Kein einfaches Unterfangen in der Gruppe A mit Belgien, Schottland, Mazedonien, Wales und Serbien, oder?
Stimmt. Wir haben eine schwierige und unangenehme Gruppe erwischt. Vor allem das Derby gegen Serbien wird mit Sicherheit heiss. Die Erwartungen in Kroatien sind ungebremst hoch. Aber ich bin überzeugt, dass wir die Qualität haben, in dieser Gruppe zu überleben und wollen das auch beweisen. Wir wollen unbedingt 2014 in Brasilien dabei sein.
Die Schweiz hat mit Albanien, Norwegen, Slowenien, Zypern und Island die vermeintlich einfachere Aufgabe?
Nein, nein. Im Fussball gibt es keine einfachen Aufgaben mehr. Auch die Schweiz hat Qualität und das hat die Mannschaft auch schon bewiesen. Ich hoffe, dass wir beide an der WM dabei sein werden.
Das klingt tatsächlich nach zwei Herzen in der Brust. Wünschen Sie sich des Friedens Willen ein Remis in Split?
(lacht) So weit würde ich dann doch nicht gehen. Ich will gewinnen. Ich will immer gewinnen – auch am Mittwoch.
Zu Ivan Rakitic Ivan Rakitic wechselte 1995 im Alter von acht Jahren vom FC Möhlin-Riburg zu den Junioren des FC Basel. 2005 nahm ihn Trainer Christian Gross in die erste Mannschaft, wo er 34 Ligaspiele (11 Tore) machte, ehe Schalke den Mittelfeldspieler im Sommer 2007 für 5 Mio. Franken verpflichtete. Nach 97 Spielen (12 Tore) holte ihn Sevilla im Januar 2011 nach Spanien. Rakitic hat bisher 49 Partien (5 Tore) in der Primera Division gespielt. Der 24-Jährige, der den Schweizer und kroatischen Pass besitzt, spielte zwar in den Junioren-Auswahlen für die Schweiz, entschied sich aber im Juni 2007 für Kroatien (44 Länderspiele/5 Tore).
Zu Ivan Rakitic Ivan Rakitic wechselte 1995 im Alter von acht Jahren vom FC Möhlin-Riburg zu den Junioren des FC Basel. 2005 nahm ihn Trainer Christian Gross in die erste Mannschaft, wo er 34 Ligaspiele (11 Tore) machte, ehe Schalke den Mittelfeldspieler im Sommer 2007 für 5 Mio. Franken verpflichtete. Nach 97 Spielen (12 Tore) holte ihn Sevilla im Januar 2011 nach Spanien. Rakitic hat bisher 49 Partien (5 Tore) in der Primera Division gespielt. Der 24-Jährige, der den Schweizer und kroatischen Pass besitzt, spielte zwar in den Junioren-Auswahlen für die Schweiz, entschied sich aber im Juni 2007 für Kroatien (44 Länderspiele/5 Tore).