Generation Nesthocker: «Ich habe keinen Stress mit Ausziehen»

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Generation Nesthocker«Ich habe keinen Stress mit Ausziehen»

Viele junge Erwachsene leben bei den Eltern. Laut Experten ist das Hotel Mama cool geworden. Nun erzählen drei Leser, was sie daran hindert, auszuziehen.

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70 Prozent der 18- bis 26-Jährigen wohnten 2013 noch bei ihren Eltern.

70 Prozent der 18- bis 26-Jährigen wohnten 2013 noch bei ihren Eltern.

Junge Erwachsene wohnen immer häufiger bei ihren Eltern – das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik. 2013 wohnten knapp 70 Prozent der Jugendlichen zwischen 18 und 26 Jahren noch bei ihren Eltern. Knapp 55 Prozent von ihnen waren älter als 21 Jahre. Das sind mehr als in den Vorjahren. «Tatsächlich hat die Zahl der Nesthocker in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Ursachen sind sehr unterschiedlich», sagt der Erziehungsberater Jürgen Feigel.

Nebst Weiterbildungen, Geldknappheit und Bequemlichkeit sei das entspannte Zusammenleben mit den Eltern dafür verantwortlich. «Weil Eltern in ihrer Erziehung heutzutage weniger autoritär sind, werden sie für ihre Kinder wie eine Art WG-Partner. Es ist cool geworden, bei den Eltern zu wohnen», so Feigel.

20 Minuten hat drei Nesthocker gefragt, wieso sie noch bei den Eltern wohnen.

Julio* (24): Mehr Geld zum Reisen

Julio (24) ist ausgebildeter Fotograf. Dass er momentan noch bei seinen Eltern wohnt, hat finanzielle Gründe: «Zuhause muss ich keine Miete zahlen. So bleibt mir mehr Geld zum Reisen.» Mit seinen Eltern versteht sich Julio gut, die Stimmung sei locker. Trotzdem halte er zwischendurch die Augen offen nach neuen Wohnungsinseraten: «Eine eigene Wohnung wäre schon super. Ich habe aber keinen Stress bei der Suche und warte lieber, bis ich etwas Passendes finde.»

Lisa* (21): Zurück wegen Weiterbildung

Etwas Passendes gefunden hatte Lisa (21) bereits. Weil sie jedoch eine Weiterbildung begonnen habe, sei sie aus ihrer WG wieder zu den Eltern gezogen. «So kann ich Geld sparen und muss in meiner Freizeit nicht auf alles verzichten. Ich wohne nicht zuhause, weil es ‹cool› ist, sondern weil ich keine andere Wahl habe», sagt die angehende Spitalsekretärin. «Meine Eltern haben mich mit offenen Armen empfangen und unterstützen mich.» Nach der Weiterbildung will Lisa aber wieder ausziehen, um auf eigenen Füssen zu stehen.

Max* (31): Auf Wohnungssuche

Bevor Max (31) wieder zu seinen Eltern gezogen ist, hatte er bereits fünf Jahre allein gewohnt. «Ich musste meine Wohnung aus finanziellen Gründen verlassen. Deshalb bin ich wieder zu meinen Eltern gezogen», erzählt der Stellensuchende, der sich mit zwei Nebenjobs über Wasser hält. Am Anfang sei es ihm sehr schwer gefallen, wieder ins Elternhaus zu ziehen. «Ich dachte aber, lieber so als auf der Strasse.»

Mittlerweile hat sich Max an die Situation gewöhnt. «Das

Zusammenleben funktioniert grösstenteils gut. Ab und zu gibt es aber Reibungspunkte, zum Beispiel beim Haushalt. Auch Platz habe ich sehr wenig. Was vorher in meiner Wohnung stand, ist jetzt in einem einzelnen Zimmer untergebracht.» Aus diesem Grund wünscht sich Max, wieder in eine eigene Wohnung ziehen zu können: «Ich bin momentan auf der Suche.»

*Namen geändert

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