Drogenszene Chur: Stadt plant Konsumraum

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Drogenszene Chur«Ich kann nicht verstehen, wieso man das auf einem Kinderspielplatz macht»

Die offene Drogenszene der Stadt Chur ist eine grosse Belastung für Einwohnerinnen und Einwohner. Nun ist endlich Besserung in Sicht – benötigt aber noch Geduld. 

Samira Bänziger
von
Samira Bänziger
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Die Problematik der offenen Drogenszene in Chur hat sich weiter verschärft.

Die Problematik der offenen Drogenszene in Chur hat sich weiter verschärft.

Sybil Ulrich
Vor allem im Churer Stadtpark werden illegale Drogen konsumiert.

Vor allem im Churer Stadtpark werden illegale Drogen konsumiert.

Sybil Ulrich
Kürzlich fand eine 35-Jährige Reste von Drogenutensilien auf einem Spielplatz.

Kürzlich fand eine 35-Jährige Reste von Drogenutensilien auf einem Spielplatz.

Stapo Chur

Darum gehts

  • Die offene Drogenszene der Stadt Chur ist seit Jahren eine grosse Belastung für die Bevölkerung.

  • Auf einem Spielplatz wurden Drogenutensilien gefunden – Eltern zeigen sich darauf besorgt.

  • Die Stadt Chur arbeitet an einem Konzept für einen Konsumraum.

  • Dieser soll die offene Drogenszene eindämmen und Betroffene entlasten.

Die Stadt Chur kämpft seit vielen Jahren mit der offenen Drogenszene. Vor allem der Stadtpark ist davon betroffen und sorgte wiederholt für Schlagzeilen. Für Einwohnerinnen und Einwohner ist es eine grosse Belastung und der Wunsch nach einer langfristigen Lösung wird lauter. Eine Betroffene macht sich Sorgen um ihre Kinder und erzählt vom jüngsten Ereignis. 

«Ich bin kürzlich mit meinem Sohn auf dem Kinderspielplatz Segnes in Chur gewesen», beginnt die 35-jährige Jenny zu erzählen. Der Ausflug nahm eine unerfreuliche Wendung: «Wir mussten feststellen, dass auch auf dem Spielplatz harte Drogen konsumiert werden», so Jenny. Die Churerin hat eine Nadelkappe, einen angerauchten Joint und die Verpackung einer Spritze auf dem Spielplatz gefunden. «Ich kann nicht verstehen, wieso man das auf einem Kinderspielplatz macht. Es geht mir nicht in den Kopf», so die 35-Jährige.

«Die offene Drogenszene in Chur ist besorgniserregend»

Die Entwicklung der Drogenszene in Chur bereitet der jungen Mutter grosse Sorgen: «Es ist beängstigend.» In Zukunft werde sie alles absuchen, bevor sie ihren Sohn spielen lasse. Den Stadtpark meide sie bereits seit vielen Jahren: «Es ist zu gefährlich, vor allem am Abend und nachts.» Sie postete den Vorfall auf Facebook, in den Kommentaren wird vor allem eines gefordert: einen begleiteten Konsumraum. Über diesen wird in der Bündner Kantonshauptstadt, welche die vermutlich grösste offene Drogenszene der Schweiz hat, schon seit Jahren gesprochen. 

Die Bevölkerung soll demnächst aufatmen können – der Churer Stadtrat, Patrik Degiacomi, erzählt vom Vorhaben der Stadt. «Die Situation der offenen Drogenszene in Chur ist besorgniserregend», so Degiacomi. Die Drogenszene habe über die letzten Jahre kontinuierlich zugenommen. Erste Massnahmen wie Streetwork zeigten zwar Wirkung, jedoch nicht wie gewünscht. Das Problem sei laut Stadtrat Folgendes: «Es gibt keinen Ort, an dem Leute geschützt und begleitet Drogen konsumieren können.»

«Wir wollen die beste Lösung»

Auch mit Blick auf den Sommer zeigt sich Degiacomi besorgt: «Es wird schwierig werden.» Für den Stadtrat ist folglich klar, dass nicht länger gewartet werden kann. «Die Zusammenarbeit zwischen Stadt, Kanton und der Überlebenshilfe erweist sich als eine zusätzliche Herausforderung. Die Geschwindigkeiten sind unterschiedlich», sagt Degiacomi. Obwohl die Stadt Chur alleine bei der Umsetzung schneller wäre, betont Degiacomi: «Wir wollen die beste Lösung, nicht die schnellste.» Ziel sei es, den Konsumraum dieses Jahr bereits in Betrieb zu nehmen.

Es wurden bereits über 25 Liegenschaften in Chur geprüft, davon sollen mehrere geeignet sein. Zwei konkrete Vorschläge wurden nun beim Kanton zur Prüfung eingereicht. Mit der Umsetzung erhofft man sich, den Konsum illegaler Drogen in der Öffentlichkeit und den Kleinhandel einzuschränken. «Der Konsumraum wäre für die Bevölkerung und die Suchtbetroffenen eine enorme Entlastung», so Degiacomi abschliessend. Man arbeite auf eine Realisierung im Winter 2023/2024 hin.

Was ist ein Drogenkonsumraum?

Konsumräume sind umgangssprachlich auch unter den Namen «Fixerstube» oder «Druckraum» bekannt. Diese Einrichtungen bieten die Möglichkeit für einen risikogeminderten Konsum von illegalen Drogen wie Heroin oder Kokain. Dafür wird beispielsweise steriles Spritzbesteck zur Verfügung gestellt, wodurch das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten gemindert werden kann. Ausserdem werden die mitgebrachten Substanzen streng kontrolliert.

Die Konsumräume arbeiten eng zusammen mit Kontakt- und Anlaufstellen. Dadurch werden Suchtbetroffene durch Fachpersonen bei ihrem Weg aus der Abhängigkeit begleitet.

Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Problem mit Suchtmitteln?

Hier findest du Hilfe:

Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen

Feel-ok, Informationen für Jugendliche

Infodrog, Information und Substanzwarnungen

Anonyme Alkoholiker, Tel. 0848 848 885

Stopsmoking.ch, Tel. 0848 000 181

Vergiftungsnotfälle, Tel. 145

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