Lärm im Wohnzimmer«Ich kann sogar erkennen, ob ein Zwei-oder Dreiachser vorbeifährt»
In Widnau leidet Rolf Sieber (65) seit der Sanierung der Strasse vor seinem Haus unter Lärmemissionen. Er macht den Kanton St. Gallen dafür verantwortlich. Der Kanton kümmert sich um das Anliegen.
Im Video erklärt Rolf Sieber die Problematik.
Darum gehts
Nach einer Strassensanierung findet ein Rheintaler keine Ruhe mehr in seiner Stube.
Die Schuld sieht er im Strassenbelag.
Der Kanton St. Gallen wählte dafür Betonplatten – Rolf Sieber kann das nicht nachvollziehen.
Laut Kanton entspricht der damals verarbeitete Belag nicht mehr dem heutigen Standard, dennoch zeige ein Gutachten keine erhöhten Werte.
Der Kanton kommt Sieber entgegen und wird prüfen, ob eine lädierte Fuge saniert wird.
«Morgens um 5 Uhr, wenn die ersten Linienbusse fahren, beginnt es zu rattern», sagt Rolf Sieber (65) aus Widnau SG. «Ich höre sogar, ob grad ein Zwei-oder Dreiachser vorbeifährt.» Begonnen hat sein Ärger vor gut acht Jahren, als der Kanton die Bahnhofstrasse vor seinen Haus sanierte. Laut Sieber hätte man «aus ästhetischen Gründen statt Asphalt auf Betonplatten als Belag gesetzt». Die Folge für Sieber: Er hört bei jedem vorbeifahrenden Fahrzeug ein «Tagg-Tagg» in seiner Wohnung. Früher sei das nicht der Fall gewesen. Sieber nervt sich: «Ich kann nicht mal in Ruhe Zeitung lesen.» Tassen oder metallene Gegenstände könne er nicht auf dem Salontisch stehen lassen. «Das scheppert sonst die ganze Zeit.»
Seinen Unmut hat der 65-Jährige gegenüber dem Kanton, der für die Strasse verantwortlich ist, mehrmals Kund getan. Zuletzt in einem Brief an das kantonale Tiefbauamt. Er möchte wissen, weshalb statt Asphalt eine Betonplatte vor seinem Haus verbaut wurde. Zudem fordert Sieber, dass eine Fuge, die seiner Meinung nach defekt ist, nach der Frostperiode saniert wird und die Herausgabe von Unterlagen, welche sein Anwalt im September 2020 angefordert hatte. Ausserdem enerviert sich Sieber über ein Gutachten, wofür während einem Jahr Messungen durchgeführt wurden. Laut dem 65-Jährigen zu 90 Prozent im Keller. «Das ist doch ein Witz. Mir ist es egal, wenn es im Keller lärmt, aber in der Stube will ich Ruhe haben.»
Ein ehemaliger Nachbar hatte sich ebenfalls über Lärm beschwert. Der sei dann aber umgezogen. Das Haus gegenüber gehöre der Gemeinde und stehe leer. Für Sieber ist ein Umzug ausgeschlossen: «Ich wohne schon mein ganzes Leben in diesem Haus.»
Wahrnehmung von Erschütterungen sind stark subjektiv
Das Baudepartement des Kantons St. Gallen teilt auf Anfrage mit, dass es das Anliegen von Sieber ernst nehme. Man liess zum Beispiel durch einen externen Gutachter die Erschütterungen am Gebäude messen. Dabei seien Erschütterungen von 1,821 Millimeter pro Sekunde gemessen worden, was laut Kanton kein hoher Wert ist: «Für normal empfindliche Gebäude ist davon auszugehen, dass unter 6 Millimeter pro Sekunde mit keinen Schäden zu rechnen ist. Die Wahrnehmung von Erschütterungen ist jedoch stark subjektiv und kann nicht mit Normwerten belegt werden.»
Der Belag an der Bahnhofstrasse scheint tatsächlich nicht optimal zu sein. «Vor einigen Jahren war der Stand der Technik bezüglich Haltbarkeit von Flüsterbelägen noch nicht auf dem heutigen Niveau und darum wurden diese Beläge im Kanton St. Gallen nur an wenigen Orten zu Versuchszwecken eingebaut», schreibt das Baudepartement. Einer der wenigen Orte war die Bahnhofstrasse in Widnau. Der Kanton stellt in Aussicht, dass die von Sieber erwähnte Fuge auf deren Zustand hin überprüft und bei Bedarf saniert wird und der Anwalt die Unterlagen erhalten habe.
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