Interview«Ich krieg die Panik»
Künstler James Gulliver Hancock hälts nicht lange aus, mit seiner Frau Lenka einfach nur essen zu
gehen. Jetzt stellt er in Zürich aus.

Er meints wirklich ernst: James versucht, «alle Häuser in New York auf Papier zu bringen.»
Du bist Künstler und deine Frau Lenka Sängerin. Seid ihr ein typisches Hipster-Pärchen, das an jedem Event in New York anzutreffen ist?
James Gulliver Hancock: Wir leben zwar in Williamsburg und interessieren uns für Kunst, Design, Musik und Mode. Aber in New York läuft so viel, da muss man sich beschränken. An Events rumzustehen, macht mich eh nervös, ich zeichne lieber. Ich muss sowieso immer zeichnen. Ich bin ein Neurotiker.
Was zeichnest du denn?
Alles. Es ist meine grösste Angst, nicht jedes Ding auf der Welt einmal zeichnen zu können. Dinge zu zeichnen, hilft mir, sie zu verstehen. Deshalb versuche ich zum Beispiel, alle Häuser in New York auf Papier zu bringen.
Die Bilder zeige ich auf allthebuildingsin-nework.blogspot.com,
meinem Blog.
Du weisst aber schon, dass da eine Menge Häuser stehen ...
Klar. Wenn ich auf der Terrasse meines Ateliers in Brooklyn stehe, krieg ich manchmal die Panik. Von dort sieht man die Skyline.
Du zeichnest also, um deiner Panik zu begegnen und ein bisschen Frieden zu finden?
Gewissermassen, ja. Als ich vor anderthalb Jahren von L. A. nach New York gezogen bin, machten mir die Häuser irgendwie Angst. Sie sind so gross. New York kann sehr laut und hektisch sein, und man fühlt sich rasch einsam. Indem ich die Häuser zeichne, mach ich sie zu meinen Freunden.
Was machst du sonst gegen die Einsamkeit?
Am liebsten gehe ich mit Lenka essen. Obwohl ich auch das nicht lange aushalte. Meistens kritzle ich dann die Tischdecke voll. In unseren Flitterwochen in Griechenland wurden wir deswegen prompt aus einem Restaurant geworfen.
Im Sommer erzählte Lenka in einem Interview mit Friday, dass ihr versucht, ein Baby zu machen. Hats geklappt?
Ja, wir sind schwanger!
Gratuliere.
Danke! Ich hoffe, dass das Baby gern reist, denn wir sind ständig unterwegs.
Zurzeit stellst du in Zürich aus.
Ja, ich zeige das erste Mal Bilder, die ich mit meinem drei Jahre jüngeren Bruder Tom gemalt und gezeichnet habe. Er hat das Down-Syndrom und inspiriert mich sehr. Seine Art zu zeichnen ist total persönlich. Er denkt nicht nach, sondern malt, was ihm auf der Seele liegt. Auch wenn man oft nicht entschlüsseln kann, was es ist.
James Gulliver und Tom Hancock, bis 14. Dezember in der Galerie Susi Brunner, Zürich. Am 24. November ab 18 Uhr Musik und heisse Bowle; susibrunner.ch