Von Fotograf missbraucht «Ich lag auf dem Boden, nackt und wie gelähmt»
Ein Fotograf missbrauchte seine Models sexuell und filmte sie ohne ihr Wissen. Vor einem Jahr wurde er verurteilt – nun wird der Fall erneut verhandelt.
Darum gehts
«Ich verstehe den Schmerz, den ich mit den Videos verursacht habe, aber ich verstehe nicht die Sexualstraftaten. Ich hatte den Eindruck, dass diese Annäherungen einvernehmlich waren. Zu keinem Zeitpunkt habe ich jemanden gezwungen oder genötigt»: Dies sagte der beschuldige Fotograf, der im Januar 2021 zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, weil er seine Models sexuell missbraucht und sie ohne ihr Wissen gefilmt hatte. Weil er gegen das Urteil Berufung einlegte, steht er in diesen Tagen vor dem Freiburger Kantonsgericht, wie 20 Minutes berichtet.
Der 40-Jährige, der wegen zwei Vergewaltigungen, zehnfacher sexueller Nötigung und zwanzigfacher Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte für schuldig befunden wurde, bestreitet seine Schuld in Bezug auf die ersten beiden Straftaten und fordert einen Freispruch für diese. Vor dem Berufungsgericht fordert er ausserdem, dass seine Haftstrafe vollständig zur Bewährung ausgesetzt wird. Seinem Psychiater zufolge besteht ein mässiges Rückfallrisiko.
So ging der Fotograf vor
Betroffene in Therapie
Am Montag wurden sechs Klägerinnen erneut zu Vorfällen aus den Jahren 2011 bis 2015 angehört. Die Betroffenen, von denen einige von Psychologen betreut werden mussten, sprechen von Scham und Ekel angesichts dessen, was sie erlitten haben.
«Wenn ich Sex mit meinem Mann habe, wenn mir jemand von einem Fotografen erzählt oder wenn ich abends nicht einschlafen kann, kommen mir die Bilder wieder in den Sinn», sagt eine Frau, die 2011 mit Freundinnen für ein Shooting ins Studio des Beschuldigten ging. Fotos, von denen sie nicht dachte, dass sie sie machen würde, als sie dort ankam.
Urteil am Freitag
«Ich lag auf dem Boden, nackt und wie gelähmt», berichtet die junge Frau, die sogar so weit ging, vor dem Fotografen zu masturbieren, während dieser sie filmte. Auch der Fotograf habe seine Finger in ihre Vagina gesteckt – mit ihrer Zustimmung, wie er erklärte. Die Klägerin wies indes darauf hin, dass sie als Model ein unterwürfiges Verhältnis gegenüber dem Fotografen gehabt habe. «Als ich den Raum verliess, schämte ich mich für das, was passiert war. Ich dachte, dass er das nur mir angetan hatte.»
Auch wenn sich einige Frauen nicht an alle Einzelheiten erinnern können, prangern alle das Fehlen von Einverständnis an. Im vergangenen Jahr hatte die Verteidigung versucht zu argumentieren, dass dies noch nicht bedeute, dass es sich um Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung gehandelt habe. Das Urteil wird für Freitag erwartet.
Sie fürchten die Verbreitung der Videos
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Beratungsstellen für gewaltausübende Personen
Wirst du oder wird jemand, den du kennst, sexuell belästigt?
Hier findest du Hilfe:
Belästigt.ch, Onlineberatung bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz
Verzeichnis von Anlaufstellen
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz