Gefährlicher Trend: «Ich musste zwischen Crystal Meth und meinem Leben entscheiden»

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Gefährlicher Trend«Ich musste zwischen Crystal Meth und meinem Leben entscheiden»

Der Konsum von Crystal Meth nimmt in der Schweiz zu. Expert*innen warnen vor der verheerenden Wirkung der kleinen Kristalle. Konsumenten erzählen von ihren Erfahrungen mit der Droge.

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Crystal Meth ist in der Schweiz auf dem Vormarsch. Im Vergleich zu vor fünf Jahren wurden 2020 über vier Mal mehr der gläsernen Kristalle beschlagnahmt.

Crystal Meth ist in der Schweiz auf dem Vormarsch. Im Vergleich zu vor fünf Jahren wurden 2020 über vier Mal mehr der gläsernen Kristalle beschlagnahmt.

imago/Symbolbild
Sergej berichtet, wie er nach dem Konsum von Crystal Meth kaum mehr atmen konnte. «Ich hatte Todesangst», sagt er gegenüber 20 Minuten.

Sergej berichtet, wie er nach dem Konsum von Crystal Meth kaum mehr atmen konnte. «Ich hatte Todesangst», sagt er gegenüber 20 Minuten.

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«Ich wusste, dass ich Crystal Meth nie wieder anfassen darf», erzählt Sharon. Er ist in Australien in Versuchung gekommen.

«Ich wusste, dass ich Crystal Meth nie wieder anfassen darf», erzählt Sharon. Er ist in Australien in Versuchung gekommen.

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Darum gehts

  • Crystal Meth kommt in der Schweiz immer öfter vor: 2020 wurde über vier Mal mehr des Rauschgifts beschlagnahmt als noch vor fünf Jahren.

  • Fachleute warnen vor den enormen Risiken: «Crystal Meth macht um ein Vielfaches abhängiger als Kokain».

  • 20-Minuten-Leser, die mit Crystal Meth in Berührung kamen oder noch immer konsumieren, berichten von ihren Erfahrungen.

Crystal Meth ist in der Schweiz auf dem Vormarsch: Vor fünf Jahren wurden in der Schweiz rund zwei Kilogramm des Rauschgifts sichergestellt, 2020 waren es schon fast 10 Kilogramm – über vier Mal mehr. Grössere Methamphetamin-Fälle häufen sich in den letzten Monaten. Ein Beispiel ist die Basler Bande, welche Anfang März vor Gericht stand, weil sie über Jahre kiloweise mit der Droge handelte.

Auch Sabin Bührer von der Suchtfachstelle Zürich ist aufgefallen, dass Crystal Meth immer mehr zum Thema wird in der Schweiz. «Das grosse Problem ist, dass die Substanz sehr schnell und sehr stark abhängig macht. Bereits nach einmaligem Konsum können psychische Entzugserscheinungen auftreten». Crystal Meth wirke um ein Vielfaches stärker als beispielsweise Kokain. Das Gefühl der Euphorie und der Leistungsfähigkeit sei bei Crystal Meth nochmals viel intensiver.

Doch die Folgen des Crystal-Meth-Konsums können dramatisch sein: «Schwere Schlafstörungen, Magenprobleme oder Persönlichkeitsveränderungen sind nur ein Teil der Nebenwirkungen», so Sabin Bührer. Meth ist auch als Zombie-Droge bekannt. Wichtig sei es, sich so früh wie möglich Unterstützung zu holen. Dabei gilt: «Wer die aktive Kontrolle über die Droge verloren hat, braucht Hilfe.»

Mexikanische Kartelle seien derzeit im Aufbau eines europäischen Crystal-Markts, sagt die niederländische SRF-Korrespondentin Elsbeth Gugger. Über die Niederlande gelangt die Droge dann nach Deutschland und die Schweiz. Einer der Hotspots der Crystal Meth-Szene: Die Region Neuenburg. Konsument*innen sind meist auch Dealer, Konflikte im Milieu werden oft mit roher Gewalt gelöst: Die Kantonspolizei berichtet von Schiessereien, lebensbedrohlichen Schlägereien, gar einem Vorfall mit Machete – Strafanzeigen gäbe es aus Angst jedoch selten, berichtet SRF. Im Folgenden erzählen Betroffene von ihren Erfahrungen mit Crystal Meth.


Patric, 30 – Suizidgedanken wegen Crystal Meth

Auf Sexpartys in der Schwulenszene ist Patric zum ersten Mal mit Crystal Meth in Berührung gekommen. Er konsumiert die Droge seit zwei Jahren intravenös. «Man redet immer davon, dass es Drogen gibt, die schon beim ersten Mal süchtig machen. Bei Crystal ist das tatsächlich so», sagt der 30-Jährige. Er lasse sich in diesen Tagen in eine Entzugsklinik einweisen. «Ich hatte Suizidgedanken, weil mich die Droge aufgefressen hat. Psychisch und körperlich». Er sei derart in finanzielle Nöte geraten, dass er seinen Körper verkauft habe, um seine Sucht finanzieren zu können. «Vor Kurzem hatte ich einen derart schlimmen Trip, dass ich mich so stark am Arm verletzt habe, dass die Ärzte zwei Wochen brauchten, um alles wieder zusammenzuflicken». Nun habe er sich zwischen seinem Leben und Crystal Meth entscheiden müssen.


Sergej, 37 – Todesängste während Crystal-Trip

Auch Sergej hat schlimme Erfahrungen mit Crystal Meth gemacht. Er ist mittlerweile von der Droge losgekommen. Mit gutem Grund: «Als ich zum letzten Mal Crystal konsumiert habe, dachte ich, ich müsse sterben!» Der 37-Jährige berichtet von einem höllischen Trip: «Ich war fünf Tage und Nächte lang wach. Irgendwann konnte ich nicht mehr richtig atmen, bekam kaum noch Luft. Ich hatte Todesangst!» Das habe ihn dazu bewegt, nie wieder zu Crystal Meth zu greifen. «Ich habe schon die verschiedensten Drogen in meinem Leben ausprobiert. Crystal war mit Abstand das Schlimmste!»


Daniel, 33 – Die Familie weiss nicht Bescheid

Daniel konsumiert schon seit langer Zeit Crystal Meth: «Vor sieben Jahren hat alles mit Thai-Pillen, die eine ähnliche Wirkung haben, angefangen.» Schuld seien familiäre Probleme gewesen, er habe deshalb bereits mit 13 mit Kiffen begonnen. Mittlerweile ist er verheiratet, hat zwei Kinder: «Meine Familie weiss nichts von meiner Drogensucht». Manchmal rauche er fünf Wochen am Stück jeden Tag Crystal Meth. «Die Depressionen danach sind übel. Manchmal bin ich zwei Wochen lang down, wenn ich viel konsumiert habe». Ob er aufhören wolle, könne er nicht beantworten. «Danach gehts ja meistens wieder».


Sharon, 23 – Schlaflose Nächte nach Crystal-Trip

Sharon hat nur ein einziges Mal Crystal Meth konsumiert. «Das war in Australien, als mir die Droge von einem Unbekannten angeboten wurde. Obwohl ich nur wenig genommen habe, war ich die ganze Nacht hellwach. Um 11 Uhr Mittags hatte ich noch immer kein Auge zugemacht.» Ihm sei schnell klar geworden, dass er nie wieder Crystal Meth konsumieren dürfe, um nicht in eine Sucht abzurutschen. «Das habe ich zum Glück geschafft. Seither habe ich nie wieder Crystal genommen», so der 23-Jährige.


Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Problem mit illegalen Drogen?

Hier findest du Hilfe:

Sucht Schweiz, Tel. 0800 104 104

Safezone.ch, Onlineberatung

Feel-ok, Informationen für Jugendliche

Infodrog, Informationen und Substanzwarnungen

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