Klimaschutz-Gesetz«Ich schaue, dass Albert Rösti ein ganzer Bundesrat bleibt»
Umweltminister Albert Rösti trat in der SRF-Arena gegen seine Parteikollegen an. Sie schonten ihn - bis auf einmal.
Ist er noch ein ganzer SVP-Bundesrat oder ist er ein halber, weil er sich für das Klimagesetz engagiert? Martullo: «Also im Moment ist er scho echli … äh ja … ich schaue, dass er noch ganz SVP-Bundesrat bleibt.»
Darum gehts
Am 18. Juni wird über das Klimaschutz-Gesetz abgestimmt, die SVP hat dagegen das Referendum ergriffen.
Albert Rösti, Vorsteher des Umweltdepartements (Uvek) vertritt das Ja des Bundesrats, als Nationalrat hat er das Gesetz bekämpft.
In der SRF-Arena traten nun am Freitagabend Rösti und SVP-Vertreter, darunter Magdalena-Martullo-Blocher, gegeneinander an.
Die erste «Arena» mit Moderator Sandro Brotz nach dessen Krankheitsausfall seit Mitte April versprach Spannung: Bundesrat Albert Rösti (SVP) argumentierte für das Klimaschutz-Gesetz, das in gut drei Wochen zur Abstimmung kommt, die SVP-Nationalräte Magdalena Martullo-Blocher und Michael Graber vertraten das Nein. Rösti trat also gegen seine eigenen Parteikollegen an. Rösti-Graben in der SVP - als Freitagabend-Show.
SRF-Arena
Klimaschutz-Gesetz – das waren die Teilnehmenden
Pro:
Albert Rösti, Uvek-Vorsteher
Stefan Müller-Altermatt, Mitte-Nationalrat
Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem
Jon Pult, SP-Nationalrat
Contra:
Michael Graber, SVP-Nationalrat
Magdalena-Martullo-Blocher, Vizepräsidentin SVP und Nationalrätin
Casmir Platzer, Präsident Gastrosuisse
Markus Meier, Direktor Hauseigentümerverband
Noch im April hatte die SVP ihren Bundesrat scharf angegriffen. «Bundesrat Rösti erzählt das Gegenteil von Nationalrat Rösti», sagte Parteipräsident Marco Chiesa, nachdem Rösti die Argumente des Bundesrats für das Gesetz präsentiert hatte. Er müsse ja nun die Bundesrats-Meinung vertreten, doch er solle bitte bei den Fakten bleiben.
In der Arena fragte der Moderator die Bündner SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher, ob Rösti jetzt nur noch ein halber SVP-Bundesrat sei. Sie antwortete: «Als Nationalrat hat er seine Verantwortung wahrgenommen. Im Moment ist er scho echli … äh ja … ich schaue, dass er ein Ganzer bleibt. Das braucht die Schweiz auch.»
Ansonsten schonten Magdalena Martullo und Michael Graber ihren «Strom-General». So wurde Rösti während der Sendung vom Moderator mehrmals genannt, in ironischer Anspielung auf die SVP. Anfang 2022 hatte die Partei einen Strom-General für die Schweiz gefordert. Michael Graber sagte gar, der Halbe-Bundesrat-Hinweis sei vermessen, Rösti sei eineinhalb Bundesräte. Er sei eben ein Teamplayer, der heute kollegial den Bundesrat vertrete, während er zuvor 290 Unterschriften gegen das Klimaschutz-Gesetz gesammelt habe.
Spaziergang für Rösti
Rösti hielt sich in der Debatte vornehm zurück und überliess das Wort seinem Mitstreiter, dem Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Graber und Martullo-Blocher wiederum zielten nach Möglichkeit auf den Solothurner und schonten ihren Strom-General.
Und so war es für Rösti am Ende ein relativ gemütlicher Spaziergang, obwohl er sich ein paar Widersprüche vorhalten lassen musste. Dass er die 200 Millionen Franken jährlicher Subventionen für Gebäudesanierungen im Parlament noch als «verschleudertes Geld» bezeichnet hatte. Dass er auf die Frage, ob Martullos Aussagen richtig seien, nicht sofort zu antworten wusste. «Wenn die Vizepräsidentin der grössten Partei etwas sagt, darf man schon kurz überlegen», konterte er.
Wortgefecht in der zweiten Reihe
Erbitterter war das Wortgefecht zwischen dem Bündner SP-Nationalrat Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative, und den Vertretern von Hauseigentümerverband (Markus Meier) und Gastrosuisse (Casimir Platzer). Die Position der Gesetz-Gegner: Wir werden in eine Strommangellage hineinlaufen, der Ausstieg aus den Fossilen kostet horrend viel Geld, Leute werden noch funktionierende Heizungen ersetzen und Autos verschrotten müssen.
Jon Pult regte sich auf. Es sei problematisch, dass über alles geredet werde, nur nicht über den Wortlaut des Gesetzes. Im Gesetz stehe nichts von Verpflichtungen. Im Gegenteil: «Wir schützen Hauseigentümer, indem wir sie unterstützen.»
Die Gesetz-Gegner mussten da und dort einen halben Schritt rückwärts machen. Auf die Frage, wo im Gesetz das Wort «Verbot» vorkomme, antwortete Michael Graber ausweichend. Das Wort Verbot komme zwar nicht vor, aber er wisse als Jurist, wie man ein Gesetz lesen müsse, dass dieses Gesetz auf Verbote hinauslaufen werde.
Ist das so, Herr Bundesrat?
Senioren würden mit dem Klimaschutz-Gesetz gezwungen, ihre Häuser zu verkaufen, heisst es in einem Inserat in der SVP-Abstimmungszeitung. Bundesrat Rösti wurde während der Sendung gefragt, ob Senioren bei einem Ja am 18. Juni tatsächlich ihre Häuser verkaufen müssten. Er antwortete: «Nein, aufgrund dieses Gesetzes nicht.»
Aufgelöst wurden die Widersprüche am Ende nicht. Für den Zuschauer bleibt: Schreckszenarien auf der einen wie auf der anderen Seite. Und ein Rösti-Graben.
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