Volksabstimmung vom 15. Mai«Ich warte seit einem Jahr auf eine Leber» – Tessiner kämpft für Organspende-Abstimmung
Der Bundesrat und das Parlament wollen bei der Organspende die Widerspruchslösung einführen. Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies neu festhalten müssen. Am 15. Mai stimmt das Schweizer Stimmvolk darüber ab.
Luca Montorfano leidet unter einer Autoimmunerkrankung. Damit es dem 27-jährigen Tessiner bald besser geht, braucht er eine neue Leber. Die kritischsten Fälle auf der Warteliste bekommen höchste Priorität bei Organspenden, danach jene, die noch ein bisschen warten können: «Mir geht es zwar nicht ganz so schlecht, aber auch bei meiner Krankheit darf man nicht zu lange warten. Weil ich sonst einen Tumor in der Leber bekommen könnte», erzählt Montorfano.
Am 15. Mai stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Widerspruchslösung zur Organspende ab. Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies neu kundgeben. Wer heute seine Organe spenden will, muss dies in einer Spendenerklärung festhalten. Das Ja-Komitee erwartet, dass mit der Änderung mehr Menschen zu Organspendern werden. Susanne Clauss vom Nein-Komitee findet dies bedenklich: «Grundsätzlich gibt es keine wirkliche Studie, welche belegt, dass die Umkehrung des Gesetzes auch von Nutzen ist, dass es dadurch mehr Organspender und -spenderinnen gibt.» Für eine Annahme wie diese das Grundrecht einzuschränken, ist für das Nein-Komitee keine akzeptable Begründung.
Insgesamt warteten im letzten Jahr 1434 Menschen auf ein Spenderorgan, so die Zahlen des Ja-Komitees. Diese Liste relativiert die Co-Präsidentin vom Nein-Komitee. Über tausend warten auf eine Niere, welche auch lebendig gespendet werden kann. Ausserdem sind viele der Patienten und Patientinnen auf der Warteliste so schwerkrank, dass sie momentan nicht operiert werden könnten.
Luca Montorfano ist einer dieser über tausend Menschen, der auf dieser Warteliste steht. Er wünscht sich, dass sich die Leute mehr mit dem Thema Organspende auseinandersetzen und an der Urne Ja stimmen. Mit einem Ja würde den Menschen Hoffnung gemacht werden, ihre Angst vor einer Verschlimmerung ihrer Gesundheitssituation vermindert.
In einer Sache sind sich das Ja- und das Nein-Komitee einig: Die Diskussion, wie man in der Schweiz seine Organe spendet, sei wichtig. Schlussendlich aber entscheidet das Volk am 15. Mai 2022, ob man in Zukunft unmittelbar zu einem Organspender oder zu einer Organspenderin wird oder nicht.