Kaukasus-Konflikt: «Ich weine jeden Tag, weil ich Angst um meine Familie und Freunde habe»

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Kaukasus-Konflikt«Ich weine jeden Tag, weil ich Angst um meine Familie und Freunde habe»

Die Konflikte um die Region Berg-Karabach sind erneut eskaliert. Armenier in der Schweiz bangen um ihre Liebsten. 

Michelle Ineichen
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Michelle Ineichen
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Der Krieg zwischen Armenien und Aserbeidschan um die Region Berg-Karabach tobt seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. 

Der Krieg zwischen Armenien und Aserbeidschan um die Region Berg-Karabach tobt seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. 

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Die Konflikte um die Region Berg-Karabach sind am Montag erneut eskaliert. Aserbeidschanische Truppen haben nach armenischen Angaben am Dienstag einen Vorstoss nach Armenien versucht.

Die Konflikte um die Region Berg-Karabach sind am Montag erneut eskaliert. Aserbeidschanische Truppen haben nach armenischen Angaben am Dienstag einen Vorstoss nach Armenien versucht.

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Die aserbeidschanische Armee setze Artillerie und Drohnen gegen militärische und zivile Ziele nahe der Grenze ein, erklärte das Verteidigungsministerium. 

Die aserbeidschanische Armee setze Artillerie und Drohnen gegen militärische und zivile Ziele nahe der Grenze ein, erklärte das Verteidigungsministerium. 

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Darum gehts

Im Kaukasus sind zwischen Armenien und Aserbeidschan schwere Kämpfe im Gang. Aserbeidschanische Truppen haben nach armenischen Angaben am Dienstag einen Vorstoss nach Armenien versucht. Die aserbeidschanische Armee setze Artillerie und Drohnen gegen militärische und zivile Ziele nahe der Grenze ein, erklärte das Verteidigungsministerium. «Viele Armenierinnen und Armenier machen sich Sorgen um ihre Zukunft», sagt Siroon Hirzel aus dem Kanton Zürich.

Die 35-Jährige stammt ursprünglich aus Armenien. «Ich weine jeden Tag, weil ich Angst um meine Familie und Freunde dort habe», so Hirzel. Auch wenn sich der Konflikt derzeit hauptsächlich im Grenzgebiet abspiele, fühlten sich laut Hirzel auch ihre Verwandten in der Hauptstadt Eriwan nicht mehr sicher: «Die Angst ist allgegenwärtig. Meine Cousine überlegt sich, ihre Kinder aus Sicherheitsgründen zu Hause zu unterrichten.» Von Flucht könne jedoch keine Rede sein: «Die Leute im Land geben nicht auf und versuchen, ihr Leben möglichst normal weiterzuführen», so die 35-Jährige.

Auch Tamar aus Biel hat Verwandte in Armenien. Ein enger Freund von ihr befinde sich derzeit im Kriegsgebiet, wo er sich gemeinsam mit der Hilfsorganisation «Ärzte ohne Grenzen» um Verletzte kümmere. «Natürlich hat er Angst, aber es ist ihm wichtig, sein Land zu unterstützen», so Tamar. Die 40-Jährige, die das Land zuletzt im Mai besuchte, beschreibt die Stimmung damals als bedrückt, beängstigend und hoffnungslos. «Die Befürchtung, dass der Krieg über die Grenzen vordringen könnte, ist nun eingetreten. Die Menschen haben Angst, dass ohne die Hilfe des Westens alles verloren ist», sagt Tamar.

Seit Jahrzehnten Konflikt wegen des Gebiets Berg-Karabach

Seit der schwelende Konflikt Anfang der Woche wieder eskalierte, kamen nach Angaben beider Seiten 155 Soldaten ums Leben. Viele fürchteten einen neuen Krieg wie 2020, aber nun sollen die Waffen schweigen. Ob das Abkommen hält, muss sich allerdings noch zeigen.

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion streiten sich Armenien und Aserbeidschan über die Zugehörigkeit der Region Berg-Karabach. Die Region gehört zu Aserbeidschan, wird aber von Armeniern bewohnt. Armenische Kräfte sicherten sich im Krieg zwischen 1992 und 1994 die Kontrolle über das Gebiet und besetzten aserbeidschanisches Territorium rund um Karabach.

2020 gewann Aserbeidschan seine Gebiete zurück und eroberte strategisch wichtige Stellen in der Region. Den danach vereinbarten Waffenstillstand überwachen russische Friedenstruppen. Und auch die Europäische Union unternahm seither viele Anstrengungen, den Konflikt zu lösen. Berg-Karabach hat sich 1991 für unabhängig erklärt, seit 2017 wollen sie «Republik Arzach» heissen. Bisher wurde dies aber von niemandem anerkannt.  

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(DPA)

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