Corine Mauch«Ich werde gegen Arbeitslosigkeit kämpfen»
Corine Mauch (SP) ist die erste Zürcher Stadtpräsidentin. Mit 20 Minuten hat sie über ihre Pläne gesprochen.
- von
- David Torcasso
Sind Sie überrascht über diesen klaren Wahlsieg?
Corine Mauch: Ich freue mich riesig. Den Sieg habe ich nicht in dieser Deutlichkeit erwartet.
Was möchten Sie als neue Stadtpräsidentin als Erstes in Angriff nehmen?
Es gilt abzuschätzen, welche Konsequenzen die Wirtschaftskrise für Zürich hat. Wir müssen überlegen, wo wir die Reserven, die wir in den letzten Jahren angelegt haben, möglichst wirksam einsetzen können. Ich möchte gegen die Arbeitslosigkeit kämpfen und Firmen überzeugen, auf Kurzarbeit statt Entlassungen zu setzen.
Auf welche Aufgaben freuen Sie sich am meisten?
Als Stadtpräsidentin bin ich auch Kulturministerin. Kultur ist ein wichtiger Faktor unserer hohen Lebensqualität. Man darf dieses breite und hochstehende Angebot trotz schwieriger Zeiten auf keinen Fall gefährden. Ich möchte die erfolgreiche SP-Politik weiterführen und mich für eine offene und dynamische Stadt einsetzen.
Sie sind die erste bekennende lesbische Stadtpräsidentin einer grossen Schweizer Stadt. Was bedeutet das für Sie?
In erster Linie ist das meine private Lebensform, die mit dem Amt als Stadtpräsidentin nicht viel zu tun hat. Im Juni kommt die Europride in die Stadt und das erhält – wenn auch zufällig – für mich eine schöne Symbolkraft. Ich freue mich auf diesen Anlass.
Was erhoffen Sie sich von der neuen Zürcher Stadtpräsidentin?
Christine Kuhnt (34), Zürich
Ich wünsche mir von Corine Mauch mehr Velowege. Zudem muss die Stadt günstigere und kinderfreundlichere Wohnungen anbieten. Leider ist das Angebot knapp, deshalb ziehen wir wohl aufs Land.
Vincent Revol (25), Zürich
Corine Mauch muss dafür sorgen, dass der Anteil bezahlbarer Wohnungen grösser wird. Ausserdem hoffe ich, dass die strenge Haltung gegenüber Bars und Partys an der Street Parade gelockert wird.
Arlette Huguenin (30), Dietlikon
Obwohl ich nicht in der Stadt stimmberechtigt bin, habe ich einen Wunsch an Corine Mauch: Sie soll sich unbedingt dafür einsetzen, dass trotz Finanzkrise genügend Lehrstellen vorhanden sind.
Urs Gross (43), Zürich
Die Autofahrer werden gegenüber den Velofahrern immer noch bevorteilt, das muss Corine Mauch ändern. Ausserdem hoffe ich, dass sie ein Herz für Minderheiten und für die sozial Schwächeren hat.
Muriel Kaufmann (25), Zürich
Als Velofahrerin fallen mir die zu engen Velostreifen und die zu wenigen Velowege auf. Hier sollte Corine Mauch zuerst ansetzen. Sie war übrigens meine Favoritin, daher freut mich ihre Wahl sehr.
Vom Aargau nach Zürich
Die neue Stadtpräsidentin Corine Mauch ist wie schon ihr Vorgänger Elmar Ledergerber, der aus Obwalden stammt keine gebürtige Zürcherin: Aufgewachsen ist sie im Aargau und den USA. Die 48-jährige Agrarökonomin mit ETH-Abschluss lebt seit mittlerweile 25 Jahren in Zürich zusammen mit ihrer Lebenspartnerin im Kreis 6. In ihrer Freizeit spielte sie lange als Bassistin in einer Rockband. Ihr Amt als Zürcher Stadtpräsidentin tritt Mauch am 1. Mai an. Bis dahin möchte sie ihre Arbeit als Projektleiterin bei den Parlamentarischen Diensten in Bern «noch gründlich zu Ende bringen».
FDP und SVP wütend aufeinander
Dass Kathrin Martelli ihre Kontrahentin gestern in keinem einzigen Wahlkreis schlagen konnte, führt FDP-Präsident Urs Egger auf den Aufruf der SVP zum Wahlboykott zurück: Die SVP-Wähler hätten den «undemokratischen Aufruf» offenbar befolgt, so Egger. Sauer auf die FDP ist der Stadtzürcher SVP-Präsident Rolf A. Siegenthaler: «Wir haben uns sehr für die Koalition eingesetzt, während Kathrin Martelli sich dauernd von der SVP distanziert hat», ärgert er sich. Dieser Fehler habe sie nun den Sieg gekostet. Zudem sei Mauch intellektueller und überzeugender. Weder für die FDP noch für die SVP ist eine gemeinsame Koalition für die Erneuerungswahlen 2010 noch ein Thema. SP-Präsident Koni Loepfe zeigte sich erfreut über Mauchs Sieg: Sie habe während des Wahlkampfes an Profil gewonnen, so Loepfe. (tor)