LandwirtschaftImmer mehr Milchkühe landen beim Metzger
Als der Milchpreis stieg, hielten Bauern mehr Kühe, um von den Preisen zu profitieren. Seit die Preise fallen, landen Milchkühe öfters im Schlachthof. Dem Fleischmarkt hat dies nicht geschadet.
- von
- S. Trachsel
- SDA

Dem Fleischmarkt hat der Schlachtboom nicht geschadet, zu Zeiten hoher Milchmarktpreise war der Schlachtvieh-Markt eher ausgetrocknet: Ein Bauer setzt die Melkmaschine an.
Im Januar 2011 sind ein Fünftel mehr Kühe geschlachtet worden als im Vorjahresmonat. Die Milchbauern bauen ihre Bestände ab, die sie zu Zeiten hoher Preise aufgestockt haben.
Als der Milchpreis im Jahr 2008 immer höher stieg, hielten viele Milchbauern mehr Kühe. Sie profitierten so von den hohen Preisen. Seither gingen die Milchkuh-Bestände zwar zurück, doch erst Anfang Jahr nahm die Zahl der geschlachteten Kühe deutlich zu.
Im Januar wurden 20,5 Prozent mehr Kühe geschlachtet als im Vorjahresmonat, nämlich 18 392 gegenüber 15 260, wie Michael Misteli vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA sagte. Im Februar setzte sich der Trend fort: Im Vergleich zum Vorjahr wurden 8,1 Prozent mehr Kühe geschlachtet.
SMP: Milchmenge kaum verändert
Sichtbar ist die Entwicklung seit dem vergangenen Sommer, wie Christoph Grosjean, Sprecher des Milchproduzentenverbandes (SMP), ausführt. Ab diesem Zeitpunkt seien mehr Tiere geschlachtet worden als geboren worden seien.
Er führt die Zunahme bei den Schlachtzahlen vor allem darauf zurück, dass die Milchbauern ihre Bestände verjüngen. Ältere Kühe würden durch jüngere ersetzt, die dank dem Zuchtfortschritt mehr Milch lieferten. Daher habe sich die produzierte Milchmenge trotz geringerem Bestand kaum verändert.
Der Milchproduzenten-Verband zählte im vergangenen Februar 602 750 Milchkühe. Das waren 2350 mehr als im Vorjahr, aber deutlich weniger als vor zwei Jahren, als der Bestand bei über 610'000 lag.
Strengere Selektion
Die Metzger hätten festgestellt, dass Milchbauern bei der Auswahl der Kühe strenger vorgehen, sagt Heinrich Bucher, Direktor von Proviande, der Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft. Gebe eine Kuh nicht genug Milch, werde sie geschlachtet. «Noch vor einem Jahr verwerteten die Bauern dagegen jeden Tropfen Milch.»
Bucher geht zudem davon aus, dass viele Bauern nach dem Preiszusammenbruch bei der Milch 2009 noch abwarteten, ob eine funktionierende Mengensteuerung eingeführt wird und damit die Preise wieder steigen würden. Da die Aufzucht einer Kuh zwei bis drei Jahre dauert, ist die verzögerte Reaktion nicht erstaunlich.
Nachfrage noch höher
Dem Fleischmarkt hat der Schlachtboom übrigens nicht geschadet, im Gegenteil: Zu Zeiten des stetigen Ausbaus der Milchwirtschaft war der Schlachtvieh-Markt ausgetrocknet. Die Preise stiegen stark an, und immer mehr Fleisch musste im Ausland eingekauft werden.
Obwohl nun mehr Tiere geschlachtet werden, fehlt wegen des grossen Fleischhungers der Bevölkerung der Schweiz immer noch das Schlachtvieh. Rund 85 Prozent des Rindfleisches stammt von Tieren aus Schweizer Ställen.
Der Schlachtpreis für Kühe sank zwar im Januar und Februar um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr, doch die Preise für Schlachtvieh gelten nach wie vor als gut.
Keine Exportsubventionen mehr
Abgesehen vom Abbau der Kuh-Bestände weist Misteli vom BLW noch auf einen weiteren Grund für die Schlachtfreudigkeit hin: Da der Bund zurzeit keine Subventionen mehr für den Export bezahlt, werden kaum mehr Kühe ins Ausland verkauft. Im Inland ist der Preis für lebende Tiere so tief, dass sie statt im Ausland beim Metzger landen.