«Weltwoche»-Chef Roger Köppel«In den Medien sieht man nur die Glatzenbilder»
Roger Köppel stand in Chemnitz neben einem Rechtsextremen – auf Social Media wird er darum angegriffen. Er erzählt, wie er die Begegnung erlebt hat.
- von
- daw
Der «Weltwoche»-Verleger und SVP-Nationalrat Roger Köppel war diese Woche im ostdeutschen Chemnitz, um nach dem tödlichen Angriff auf einen 35-Jährigen den Demonstrationen beizuwohnen. Nun macht ein Foto in den sozialen Netzwerken die Runde, das den Journalisten mitsamt Notizblock in der Nähe eines kahlköpfigen Mannes zeigt.
Laut dem Post soll es sich um den Rechtsrockhändler Yves Rahmel handeln, der vor einigen Jahren wegen volksverhetzender Songs verurteilt wurde. Im Netz wird das Bild rege kommentiert. Der SP-Co-Generalsekretär Michael Sorg etwa schreibt, ein prominenter Schweizer Parlamentarier sei «Seite an Seite mit Neonazis marschiert», ohne dass es jemanden zu stören scheine. Andere Kommentatoren finden, Köppel dürfe nicht mehr zu Fernsehsendungen eingeladen werden.
«In den Medien sieht man nur die Glatzenbilder»
Auf das Bild angesprochen, sagt Köppel, diese «Denunziererei» sei typisch für das Klima in Deutschland: «Offenbar haben sich auch ein paar Schweizer anstecken lassen.» In Chemnitz zeige sich der Riss, der durch Deutschland gehe. «Das Thema ist interessant und relevant. Deshalb informierte ich mich vor Ort. Ich habe mit allen geredet, links bis rechts, einer hat sich sogar als rechtsextrem bezeichnet.» Mit Rahmel habe er allerdings nicht gesprochen.
Er stelle fest, dass die Medien und die Politik ein ganz bestimmtes Bild von Chemnitz erzeugen wollten: «Man denunziert eine ganze Stadt als Nazi-Hochburg. Kanzlerin Merkel sprach von Hetzjagden auf Ausländer. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden sagte mir, dafür gebe es keinerlei Beweise. Was die Medien kaum berichten. In Chemnitz sagten sie mir, es sei, als ob der DDR-Journalismus von den Toten auferstanden sei.»
«Natürlich waren bei dem Umzug auch Rechtsextreme darunter, üble Typen. Die überwiegende Mehrheit waren ganz normale Menschen, die gegen die Asylkriminalität und gegen die abgehobene Politik in Berlin demonstrierten.» In den Medien sehe man aber nur die Glatzenbilder. «Ich habe mit Studenten, Hausfrauen, Bankangestellten, Handwerkern, ehemaligen Bundestagsabgeordneten, DDR-Veteranen und was weiss ich alles geredet. Bei vielen ist das Grundvertrauen in die Politik und die Regierung erschüttert.» Viele hätten gesagt, man habe 1989 für Freiheit und Demokratie gekämpft. Sie sind enttäuscht. Man fühle sich verspottet und verhöhnt von den Eliten. Der Staat setze seine Rechtsordnung nicht mehr durch. «Als Schweizer hatte ich den Eindruck, die deutsche Politik habe verlernt, mit ihren Kritikern und den Unzufriedenen zu reden.»
«Ein Politiker und kein Journalist»
Michael Sorg, Co-Generalsekretär der SP, steht zu seinem Tweet: «Herr Köppel schlägt sich zu hundert Prozent auf die Seite der Pegida und der Organisatoren, übernimmt deren Parolen und macht sich mit deren Sache gemein.» Im Umzug mitzulaufen, habe nichts mit Journalismus zu tun: «Wer Köppels Tweet liest, sieht, dass er als Politiker da war und nicht als Journalist.»