«Impfung schützt nicht vor Ansteckung» - In Impfzentrum hängt wochenlang abschreckendes Impf-Plakat

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«Impfung schützt nicht vor Ansteckung»In Impfzentrum hängt wochenlang abschreckendes Impf-Plakat

Ein Plakat in einem Basler Impfzentrum mit der Botschaft, Impfen schütze nicht vor Ansteckung, wurde nach mehreren Wochen entfernt. Mit solchen Botschaften gehe der Schuss nach hinten los, so ein Infektiologe.

von
Bettina Zanni
Daniel Graf
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Im Impfzentrum Basel hing bis vor kurzem ein Plakat mit folgender Aufschrift: «Weiterhin Maske auf! Die Impfung schützt nicht vor Ansteckung!», steht darauf.

Im Impfzentrum Basel hing bis vor kurzem ein Plakat mit folgender Aufschrift: «Weiterhin Maske auf! Die Impfung schützt nicht vor Ansteckung!», steht darauf.

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Die Politik strebt eine möglichst hohe Durchimpfung gegen Covid an.

Die Politik strebt eine möglichst hohe Durchimpfung gegen Covid an.

20min/Stefan Lanz
«Mit solchen Botschaften geht der Schuss natürlich nach hinten los», sagt Jan Fehr, Infektiologe und Professor an der Universität Zürich.

«Mit solchen Botschaften geht der Schuss natürlich nach hinten los», sagt Jan Fehr, Infektiologe und Professor an der Universität Zürich.

Martin Boyer

Darum gehts

  • «Weiterhin Maske auf! Die Impfung schützt nicht vor Ansteckung!», stand auf einem Plakat im Impfzentrum Basel-Stadt.

  • User, die sich gegen die Corona-Impfung wehren, feiern das Plakat auf Social Media.

  • Das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt hat das Plakat entfernt. Es sei unglücklich und nicht in ihrem Auftrag aufgehängt worden, so eine Sprecherin.

  • Regelmässig für Diskussion sorgen aber auch die Plakate der Impfkampagne des Bundesamts für Gesundheit.

Die Politik strebt eine möglichst hohe Durchimpfung gegen Covid an. Doch im Impfzentrum Basel hing bis vor kurzem ein Plakat mit folgender Aufschrift: «Weiterhin Maske auf! Die Impfung schützt nicht vor Ansteckung!»

Auftrieb bekommen Userinnen und User, die sich gegen die Corona-Impfung wehren. «Jetzt ist es offiziell: Die Impfung schützt nicht vor Ansteckung», twitterten sie etwa.

Die Impfung schütze nicht vor Ansteckung und Weitergabe des Coronavirus, twitterte ein User. Warum sollte man Kindern und Jugendlichen denn die Impfung aufschwatzen, fragte er.

Ein weiterer User prophezeit: «Auf dem nächsten Plakat wird stehen, die Impfung schützt nicht vor Corona!»

«Es war in der Tat unglücklich»

Das Plakat habe mehrere Wochen im Impfzentrum gehangen, bestätigt Anne Tschudin, Sprecherin des Gesundheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt. «Wir haben dieses Plakat entfernen lassen. Es war in der Tat unglücklich und geschah nicht im Auftrag des Gesundheitsdepartements Basel-Stadt.»

Wer das Plakat gestaltet und aufgehängt habe, sei zurzeit unbekannt, sagt Tschudin. «Die Absicht war offenbar, zu verhindern, dass Personen nach erhaltener Impfung sofort die Maske ablegen», sagt Tschudin. Dass der Aufbau des Impfschutzes Zeit brauche und die Impfung keinen 100-prozentigen Schutz biete, sei in dieser Verkürzung klar nicht zum Tragen gekommen.

«Schuss geht nach hinten los»

Auch Infektiologen beurteilen das Plakat als unglücklich. «Mit solchen Botschaften geht der Schuss natürlich nach hinten los», sagt Jan Fehr, Infektiologe und Professor an der Universität Zürich. Werde plötzlich vermittelt, die Impfung schütze nicht vor Ansteckung, fragten sich einige Leute, was sie im Kampf gegen das Virus überhaupt noch tun sollten.

Dennoch bleibe die Aufforderung, weiterhin Maske zu tragen, wichtig, sagt Fehr. «Bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist, dauert es ab der ersten Impfung sechs Wochen.» Auch sollten Ungeimpfte die Maske dort tragen, wo viele Menschen zusammenkämen, insbesondere in Innenräumen.

Kreativere Kampagnen gefordert

Regelmässig für Diskussion sorgen aber auch die Plakate der Impfkampagne des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Am Montag startete das BAG eine neue Kampagne. Diese erinnert alle bisher ungeimpften und zögernden Erwachsenen und Jugendlichen daran, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Impfung ist.

Etwa Campaigner Daniel Graf forderte kürzlich kreative Kampagnen. Diese seien in der Impfflaute matchentscheidend.

«Emotionalere und dringlichere Massnahmen sind realistisch»

Auch Infektiologe Jan Fehr überzeugen die Plakate der Impfkampagne «noch nicht so ganz». «Die meisten Plakate erinnern an Verkehrsschilder. Die Kampagne muss sich neu erfinden.» Er erwarte vom Bund bei der Gestaltung mehr Kreativität und Mut.» Das BAG solle die cleveren Ansätze der Werbebranche nutzen, um die Bevölkerung zu erreichen.

«Die Kampagne braucht Emotionen, Gesichter und Geschichten», sagt Fehr. Auch Testimonials aus verschiedenen Ecken wie Tennis-Ass Roger Federer könnten zum Einsatz kommen. Begleitet werden sollte die Kommunikation von kreativen Aktionen, nahe an der Bevölkerung. Er erwähnt Impfmobile und Impf-Partys nach dem Vorbild des Berliner Impfzentrums Arena. «Im Fokus stehen zurzeit vor allem die 20- bis 30-Jährigen, da diese noch am wenigsten geimpft sind.»

Das BAG sieht keinen dringenden Handlungsbedarf, hält aufgrund der stark steigenden Fallzahlen und der sich abzeichnenden Dynamik aber für realistisch, dass «weitere Kommunikationsmassnahmen emotionaler und dringlicher» gestaltet werden, wie ein Sprecher auf Anfrage sagt.

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