Massive Umweltbelastung – In vielen Thermalbädern planschen Gäste im aufgeheizten Leitungswasser

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Massive UmweltbelastungIn vielen Thermalbädern planschen Gäste im aufgeheizten Leitungswasser

Kaltes Trink- statt warmes Quellwasser: Einige Schweizer Thermalbäder erfüllen die gesetzlichen laut «saldo» Anforderungen nicht. Zudem belasten sie die Umwelt massiv.

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Karin Leuthold
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Wer meint, dass er im Erlebnisbad Alpamare in Pfäffikon SZ in Quellwasser badet, der irrt sich: Das Wasser der Bäder wird mit einem Grundwasserpumpwerk abgefüllt.

Wer meint, dass er im Erlebnisbad Alpamare in Pfäffikon SZ in Quellwasser badet, der irrt sich: Das Wasser der Bäder wird mit einem Grundwasserpumpwerk abgefüllt.

Screenshot Alpamare
Die Therme Totes Meer in Bronschhofen SG: Auch hier baden Gäste in normalem Trinkwasser. Die Fitness Insel AG, die das Bad betreibt, fügt Salz aus Jordanien und Israel hinzu und heizt es mit Wärmepumpen auf 36 Grad.

Die Therme Totes Meer in Bronschhofen SG: Auch hier baden Gäste in normalem Trinkwasser. Die Fitness Insel AG, die das Bad betreibt, fügt Salz aus Jordanien und Israel hinzu und heizt es mit Wärmepumpen auf 36 Grad.

Screenshot Fitness Island AG
Nicht anders machen es die Betreiber des Walliser Bads Bains d’Ovronnaz: Sie verbrennen jährlich knapp 500'000 Liter Heizöl, um das 24 Grad warme Quellwasser auf eine Temperatur zwischen 33 und 36 Grad zu bringen. 

Nicht anders machen es die Betreiber des Walliser Bads Bains d’Ovronnaz: Sie verbrennen jährlich knapp 500'000 Liter Heizöl, um das 24 Grad warme Quellwasser auf eine Temperatur zwischen 33 und 36 Grad zu bringen.

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Darum gehts

Schweizer Thermal- und Wellnessbäder versprechen Entspannung und eine revitalisierende Wirkung - aber Achtung: Nicht überall, wo Thermalbad steht, fliesst auch mineralisches Wasser direkt aus den Schweizer Bergen. In einigen Fällen baden die Gäste einfach in aufgeheiztem Leitungswasser. Die Schwindelei verstösst nicht nur gegen das Gesetz - es belastet auch die Umwelt massiv.

Wie das Konsumentenmagazin «saldo» herausgefunden hat, würden einige Bäder in der Schweiz das Wasser aufheizen und warmhalten, entweder mit Heizöl oder mit Gas. So zum Beispiel das Westschweizer Thermalzentrum in Yverdon-les-Bains. Zwar stammt das Wasser aus einer schwefelhaltigen, warmen Quelle - doch es ist nicht warm genug. Das 29 Grad warme Quellwasser werde mit Gas auf bis zu 34 Grad aufgeheizt. Dies verbraucht laut «saldo» viel Energie – Jahr für Jahr 3,8 Millionen Kilowattstunden.

Kaltes Quellwasser aufzuheizen kostet viel Energie

Nicht anders machen es die Betreiber des Walliser Bads Bains d’Ovronnaz: Sie verbrennen jährlich knapp 500'000 Liter Heizöl, um das 24 Grad warme Quellwasser auf eine Temperatur zwischen 33 und 36 Grad zu bringen.

Besonders viel Energie kostet das Heizen des Quellwassers im Appenzeller Heilbad in Heiden. Das heilende Quellwasser soll die Gäste beleben - doch dafür muss der Betreiber es von zwölf bis 14 Grad auf 34 bis 37 Grad aufheizen. Der Betreiber gibt gegenüber «saldo» zu, dass dafür sehr viel Energie nötig sei – soviel wie 50 Einfamilienhäuser pro Jahr verbrauchen.

Normales Trinkwasser mit Salz angereichert

Die Therme Totes Meer in Bronschhofen SG füllt ihre Bäder mit normalem Trinkwasser. Die Fitness Insel AG, die das Bad betreibt, fügt Salz aus Jordanien und Israel hinzu und heizt es mit Wärmepumpen auf 36 Grad. Der Stromverbrauch liegt bei jährlich 200'000 bis 300'000 Kilowattstunden. Das entspricht dem Energieverbrauch von 25 Einfamilienhäusern.

Noch schlimmer steht es um das Erlebnisbad Alpamare in Pfäffikon SZ. Ein Grundwasserpumpwerk füllt die Bäder, dann wird das Wasser je nach Becken zwischen 28 und 36 Grad aufgewärmt. Besonders im Aussenbereich dürfte das die Betreiberin Bad Seedamm AG viel Energie kosten. Wie viel, darüber schweigt das Unternehmen. Auch ob das Wasser mit Heizöl oder mit einem anderen Energieträger aufgeheizt wird, verrät die Bad Seedamm AG nicht.

«Kunstschnee in der Wüste» produzieren

«Saldo» konsultierte die Physikerin und Energiefachfrau Giuseppina Togni von der Agentur für Energieeffizienz Safe. Sie schätzt, dass das Alpamare allein für das Warmhalten des Wassers jährlich ein bis 1,5 Millionen Liter Heizöl verbraucht – je nachdem, ob die Wasserbecken in der Nacht abgedeckt sind oder nicht. Das entspricht dem Energieverbrauch von bis zu 1500 Einfamilienhäusern. Togni hat für das Vorgehen der beheizten Thermalbäder kein Verständnis: «Das ist, wie wenn man in der Wüste Kunstschnee produziert.»

Nicht alle Bäder verwenden aber Fremdenergie, um das Wasser aufzuwärmen. Die Thermalbäder in Vals GR, Schinznach AG, Zurzach AG, Brigerbad VS, Leukerbad VS oder die Tamina-Therme in Bad Ragaz SG besitzen Warmwasserquellen, die von Natur aus Wasser in Badetemperatur liefern. Energiefachfrau Giuseppina Togni schätzt, dass deren Energieverbrauch im Durchschnitt nur rund fünf Prozent des Verbrauchs eines Bads, das aus Trinkwasser Thermalwasser macht, beträgt.

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