SolarenergieIsrael will den höchsten Solarturm der Welt
Israel will verstärkt seinen Sonnenreichtum nutzen. Symbol für die neuen Ambitionen ist der höchste Solarturm der Welt.
- von
- Isaac Scharf und Alon Bernstein
- AP
Die Sonne scheint viel in Israel, aber Solarenergie deckt nur einen kleinen Prozentteil des Bedarfs der Nation ab. Das Land hat sich traditionell auf fossile Brennstoffe gestützt, Bürokratie und ein Mangel an Anreizen hemmten die Entwicklung erneuerbarer Energien.
Damit hinkt Israel Ländern mit mehr Wolken und tieferen Temperaturen weit hinterher. Aber nun hat sich der Staat ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2020 sollen zehn Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen, derzeit sind es 2,5 Prozent.
Fünf Prozent der Bevölkerung versorgen
Symbol dieser Ambitionen ist ein gross angelegtes Projekt mit dem höchsten Solarturm der Welt im Mittelpunkt. Die Aschalim-Anlage tief in der Negev-Wüste besteht aus drei Arealen, jedes mit einer anderen Solartechnologie. Zusammen werden die Felder nach der Fertigstellung bis 2018 Israels grösste Solaranlage darstellen.
Sie sollen 310 Megawatt an Strom erzeugen, ungefähr 1,6 Prozent des gesamten Energiebedarfs des Landes – genug für ungefähr 130'000 Haushalte oder ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung. Ein viertes Areal ist für die Zukunft geplant.
Solartürme funktionieren anders
«Es ist der bisher bedeutendste einzelne Baustein bei Israels Zielsetzung, den CO2-Ausstoss zu verringern und über mehr erneuerbare Energien zu verfügen», sagt Eran Gartner, Topmanager der Firma Megalin Solar Power Ltd., die einen Teil der Anlage baut.
Der Solarturm im Zentrum wird mit 250 Metern Höhe einen neuen Rekord setzen. Solartürme wenden anders als Solarpaneele keine fotoelektrische, sondern eine solarthermische Methode an. Das heisst, Sonnenlicht wird nicht direkt in Elektrizität umgewandelt.
Stattdessen konzentrieren Tausende von Spiegeln das Sonnenlicht auf den Turm, wodurch ein Boiler erhitzt wird, der Dampf erzeugt, um eine Turbine anzutreiben und Strom zu erzeugen.
Weltweit gibt es rund zwölf Türme
50'000 Spiegel weist der Aschalim-Turm auf, eine funkelnde Decke von Glas über der Wüste. Eine zweite solarthermische Anlage in Aschalim wird auch nach Sonnenuntergang Energie speichern können. Auf dem dritten Areal soll fotoelektrische Solartechnologie zur Energieerzeugung eingesetzt werden.
Weltweit gibt es ungefähr ein Dutzend Solarturm-Felder, die bisher grösste Anlage dieser Art ist das Ivanpah-Sonnenkraftwerk in Kalifornien mit etwa 170'000 Spiegeln und einer Höhe von 140 Metern.
«Israel hat das Potenzial, eine Sonnenschein-Supermacht zu werden»
Israel hat bereits in der Vergangenheit Ausrüstungen zur Nutzung von Solarenergie entwickelt, die zu den fortschrittlichsten auf der Welt zählen. Aber frustriert über bürokratische Hemmnisse, aufgebaut von der Regierung, haben einheimische Solarfirmen ihre Expertise zumeist dem Ausland zugute kommen lassen.
«Israel hat das Potenzial, eine Sonnenschein-Supermacht zu werden», sagt Leehee Goldenberg, Chef der Abteilung Wirtschaft und Umwelt bei der Israel Union for Environmental Defense, einer Nichtregierungsorganisation. Trotz einiger Schritte in die richtige Richtung «hat Israels Regierung wirklich nicht alles daran gesetzt, seine kleinen Ziele in Sachen Solarenergie zu erreichen».
Die Land-Nutzung muss maximiert werden
So sei sie oft abgeneigt gewesen, grosse Parzellen von Land zur Verfügung zu stellen – eine Notwendigkeit bei gross angelegter Energieproduktion, erläutert Gartner. So sei der Aschalim-Solarturm auch so hoch, weil die Spiegel flächenmässig zusammengequetscht wurden, um den Land-Nutzen zu maximieren.
Grosse Projekte erfordern auch Zugang zu staatseigener Infrastruktur wie Gas, Wasser und Strom, und entlegene Anlagen wie im Negev daran anzubinden, dauert seine Zeit.
Die bisherigen Ziele seien bescheiden
Nach Angaben des israelischen Finanzministeriums sind die Kosten für die Erzeugung von Solarenergie in Israel gesunken. Es gibt auch neue Gesetze, die finanzielle Anreize bieten und es Israelis leichter machen sollen, Solarpaneele auf den Dächern ihrer Häuser anzubringen.
Wenn Aschalim erfolgreich ist, sollen weitere Projekte dieser Art angepeilt werden, wie das Ministerium sagt. Den Entwicklern des Wüstenprojektes wäre das nur recht: Sie wollen, dass Israel ein grösseres Tempo in Sachen Solarenergie anschlägt.
Die bisherigen Ziele seien äusserst bescheiden, sagt Jaron Szilas, Chef von Shikun & Binui Renewable Energy, dem Hauptentwickler der zweiten solarthermischen Anlage in Aschalim. Er verweist auf «all die Sonne, die wir haben, und all die Fortschritte in der Technologie».