Wunschlos glücklich: Ist Schenken an Weihnachten out?

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Wunschlos glücklichIst Schenken an Weihnachten out?

Jeder zehnte Deutschschweizer kauft keine Weihnachtsgeschenke und wünscht sich nichts. Sind wir schenk-müde geworden? Sagen Sie es uns in der Umfrage.

von
Hannes von Wyl

Über zehn Prozent der Deutschschweizer wünschen sich zurzeit nichts zu Weihnachten, wie eine Umfrage der Universität St. Gallen zeigt. Und die Zahl der Wunschlosen nimmt zu: Waren es im letzten Jahr sechs Prozent der Befragten, gaben 2010 nur vier Prozent an, sich nichts zu wünschen. Auf der anderen Seite kauft laut einer Umfrage von Marketagent.com jeder zehnte Deutschschweizer keine Weihnachtsgeschenke. Deutlich schenkfreudiger ist die französische Schweiz, wo nur 3,2 Prozent auf Geschenke verzichten.

Warum wünschen wir uns immer öfter nichts zu Weihnachten? Beobachten Sie dies in Ihrem eigenen Umfeld und bei sich selbst auch? Was bedeutet Ihnen das Beschenken an Weihnachten überhaupt? Verraten Sie es uns in der Weihnachtsgeschenke-Umfrage!

Schweizer haben alles

«Wir leben in einer Konsumgesellschaft, in der viele Wünsche mittlerweile befriedigt sind», sagt Maximilian Weber, Autor der HSG-Studie. Das Schenken von materiellen Gütern zu Weihnachten sei für manche Konsumentengruppen weniger wichtig geworden. Statt Geschenken stehe eher im Vordergrund, Zeit mit Freunden und der Familie zu verbringen, so der Wirtschaftswissenschaftler.

«Die meisten Schweizer haben schon alles, was sie brauchen», sagt Alain Egli vom Gottlieb-Duttweiler-Institut. Besonders nach einigen Jahrzehnten im Berufsleben habe man sich die meisten Wünsche schon selber erfüllen können. «Immer weniger Leute haben Lust, noch mehr Dinge herumstehen zu haben, die sie gar nicht brauchen.» Das führe dazu, dass man sich eher Erlebnisse schenke oder gemeinsam etwas unternehme - etwa Wellness-Tage oder ein feines Essen im Restaurant.

Das zeigt sich vor allem bei Menschen, die ein gewisses Alter - und damit tendenziell auch Wohlstand - erreicht haben. 40- bis 65-Jährige kaufen mehr als doppelt so häufig keine Weihnachtsgeschenke wie Menschen unter vierzig. Auch die Wunschlosen werden mit dem Alter häufiger: Menschen zwischen 41 und 50 wünschen sich doppelt so häufig nichts zu Weihnachten wie Teenager (4,3 Prozent), bei den über 61-Jährigen sind es 20 Prozent, die auf Päcklein unter dem Baum verzichten.

Gemeinsame Zeit wichtiger als iPhones

Neben einer materiellen Übersättigung bei der älteren Hälfte der Gesellschaft stellt Egli auch ein Umdenken bei der «Generation Y» fest: «Junge Menschen legen heute oft mehr Wert auf Freizeit als auf Karriere.» Der materielle Besitz verliere an Bedeutung. Zudem sei die Idee des Teilens wichtiger geworden. «Wozu mir eine Bohrmaschine wünschen, wenn ich mir die vom Nachbarn borgen kann?», so Egli. Dies zeige auch die Beliebtheit von Carsharing oder von Wohnungstausch-Plattformen.

Das Schenken aber gleich als altmodisch abzuschreiben, hält Egli für einen Fehlschluss. Man schenkt heute einfach anders. Während das Materielle an Bedeutung verliere, bleibe die ursprüngliche Beziehungsfunktion des Schenkens wichtig. «Man sagt damit: Ich denke an dich und ich mag dich.»

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