Transparenz oder Manipulation?IZRS zeigt Hunderte Schweizer Moscheen
Ein TripAdvisor für hiesige Moscheen: Der umstrittene IZRS hat eine Plattform lanciert, die Gebetsorte mitsamt Foto zeigt. Liberale Muslime sind höchst besorgt.
- von
- miw
Der Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS) hat eine Internetplattform kreiert, die Hunderte Moscheen aus dem Inland auflistet – mitsamt Foto. Unter dem Namen Swissmuslims finden User aber nicht nur Infos über bekannte islamische Gotteshäuser wie etwa die Zürcher Mahmud-Moschee, sondern erhalten auch Einblicke in unscheinbare islamische Gebetsräume der Schweiz – die teils in wenig einladenden Gebäuden untergebracht sind.
«Die meisten hiesigen Moscheen sind sehr klein und befinden sich in Industriehallen, Hinterhöfen oder Wohnungen», sagt Religionsexperte Georg Schmid. Die Existenz vieler Moscheen sei deshalb unbekannt, «eine Anmeldepflicht gibt es zudem nicht». Die Gotteshäuser seien darum nur schwer zu überwachen.
Islamistische Moscheen aufgelistet
Schafft der IZRS mit seinem Moscheen-Guide also Transparenz? «Ganz im Gegenteil», sagt Saïda Keller-Messahli. Die Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam ist alarmiert: «Radikale Salafisten stellen sich hier als harmlose Koordinatoren dar.» Die neue Plattform des IZRS sei reine Manipulation: «Als selbst ernannte Zentrale verschaffen sie sich die Macht, das Ganze nach ihrem Gusto zu lenken.»
Moscheen, deren Gesinnung der IZRS teile, könnten absichtlich gepusht werden. Denn längst nicht alle aufgelisteten Moscheen seien auch vertretbar. «Islamistisch orientiere Moscheen werden auf der Plattform völlig unauffällig ins Verzeichnis integriert», sagt Keller-Messahli. So ist die zweifelhafte Winterthurer An-Nur-Moschee nur einen Klick von der liberalen Gebetsstätte des Berner Imams Mustafa Memeti entfernt.
Wut bei liberalem Imam
So diskutiert man beim muslimischen Verein Bern derzeit rege, wie und ob man gegen den Eintrag vorgehen will. Imam Memeti verspürte Wut, als er vorgestern die Berner Moschee auf der neuen Seite entdeckte. Er habe niemals eingewilligt, dort aufgeführt zu werden.
«Mit dieser Seite will ich nichts zu tun haben. Ich distanziere mich allgemein klar vom IZRS», so der liberale Muslim. Doch nicht nur die Tatsache, dass er in diesem Moscheen-Guide aufgeführt ist, stört Memeti: «Einmal mehr versucht der IZRS, sich als Vertreter der Schweizer Muslime zu verkaufen.» Dies sei fernab aller Tatsachen.
Werbevideo soll Sinn und Zweck aufzeigen
«Absolut lächerlich», findet der IZRS diese Kritik. «Swissmuslims stellt Informationen zu den einzelnen Moscheen neutral und objektiv zur Verfügung», sagt Sprecherin Janina Rashidi gegenüber 20 Minuten. Die Seite solle lediglich Muslimen helfen, sich über eine Moschee in der Umgebung zu informieren. So soll auch das extra gedrehte Werbevideo Sinn und Zweck erläutern. Es zeigt muslimische Geschäftsleute in einer fremden Stadt, die nach einem Ort zum Beten suchen.