Obama geht aufs GanzeJa zu Schwulen-Ehe kann zum Bumerang werden
Die Republikaner dürften sich die Hände reiben. US-Präsident Barack Obamas Zustimmung zur Schwulen-Ehe nützt wohl vor allem einem - seinem Rivalen Mitt Romney.
Mitten im Wahlkampf hat sich Barack Obama als erster US-Präsident offen für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen. Schwulen- und Lesbenverbände weltweit begrüssten die Erklärung. Unter jungen amerikanischen Wählern dürfte das historische Bekenntnis Umfragen zufolge überwiegend auf Zustimmung stossen.
Für die Republikaner hingegen lieferte Obama mit seinen Äusserungen im Fernsehsender ABC am Mittwoch eine Steilvorlage zur Mobilisierung der konservativen Basis. Der voraussichtliche Herausforderer Mitt Romney reagierte prompt und sprach sich deutlich gegen die Homo-Ehe aus.
Obama ist es «persönlich wichtig»
Lange hatte sich auch Obama gegen die Zulassung von Ehen zwischen zwei Männern oder zwei Frauen gestellt. Seine Einstellung habe sich allerdings weiterentwickelt, sagte er in dem ABC-Interview, das später in Auszügen auch vom Wahlkampfteam des Präsidenten per E-Mail zur Verfügung gestellt wurde.
«Ich habe in Bezug auf die Homo-Ehe gezögert, zum Teil, weil ich dachte, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausreichend seien», sagte Obama. «Mir war bewusst, dass für viele Menschen der Begriff 'Ehe' etwas ist, das mächtige Traditionen beinhaltet, religiöse Überzeugungen und so weiter.» Nun sei es ihm persönlich wichtig, «hervorzutreten und gleichgeschlechtlichen Paaren zuzusichern, dass sie die Möglichkeit haben sollten, zu heiraten».
Vizepräsident Biden gab den Anstoss
Erst am Sonntag hatte US-Vizepräsident Joe Biden in einem Interview erklärt, er fände es vollkommen in Ordnung, wenn Schwule heirateten. Die Äusserung hatte schlagartig eine breite Debatte in den Medien ausgelöst. Schwulen- und Lesbenverbände forderten Obama zu einer ähnlich deutlichen Stellungnahme auf. Am Dienstag aber bestätigten die Wähler in dem zwischen Demokraten und Republikanern oft hart umkämpften Staat North Carolina mit einem neuen Gesetz die Ehe als eine Verbindung ausschliesslich zwischen einem Mann und einer Frau.
Politische Beobachter in Washington erwarten, dass die Homo-Ehe nun zu einem der grossen Themen im Präsidentenwahlkampf wird. Gerade unter den Republikanern dürfte sich heftiger Widerstand gegen die neue Position Obamas regen. Romney sagte bei einem Auftritt in Oklahoma, nach seiner Meinung solle die Ehe auf einen Mann und eine Frau beschränkt bleiben.
Leichte Mehrheit der Wähler für Homo-Ehe
Anfang des Monats hatte eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup gezeigt, dass 50 Prozent der Amerikaner für und 48 Prozent gegen die gesetzliche Zulassung der Homo-Ehe sind. Unter Demokraten lag das Verhältnis demnach etwa bei 2:1 pro, während unter Anhängern der Republikaner die Ablehnung deutlich überwog.
Obama betonte, dass seine Äusserungen eine persönliche Meinung seien. Aus Kreisen des Weissen Hauses verlautete, dass die Erklärung des Präsidenten keine unmittelbare Auswirkung auf die aktuelle Politik haben werde, nach der beim Thema Homo-Ehe die jeweiligen Staaten entscheiden können. (dapd)
Obama in Umfrage vor Romney
US-Präsident Barack Obama liegt in einer frühen Umfrage vor seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney. Für den demokratischen Amtsinhaber sprachen sich 50 Prozent von 871 befragten Wahlberechtigten aus, für Romney 42, zitiert die Nachrichtenagentur AP eine vom 3. bis 7. Mai durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK.
Ein Viertel der Befragten sagten, dass sie in ihrer Entscheidung noch nicht endgültig festgelegt seien. 41 Prozent der Befragten erklärten, ihre Entscheidung für Obama stehe fest, 32 Prozent wollten auf jeden Fall Romney wählen.
Mit dem Eintreten für die Ehe gleichgeschlechtlicher Paare dürfte Obama wieder Bewegung in die Wählerüberlegungen gebracht haben. Er zielt damit auf die Stimmen junger und liberaler Wähler und nimmt Verluste bei Konservativen in Kauf. (dapd)