James Bond: Ein Spion für alle Fälle
Von Fidel Castro bis zu Osama Bin Laden: Bond-Filme spiegeln Zeitgeschichte. Und so hat jedes Bond-Jahrzehnt seinen Bond-Darsteller.
Der Weg führte vom eiskalten Killer über den Komiker via Frauenversteher bis hin zum Dressman. Jetzt ist eine neue Zeit angebrochen: Daniel Craig verkörpert den modernen Bond – einen No-Bullshit-Bond: hart im Nehmen, noch härter im Geben.
Sean Connery: Der kalte Krieger
Der Schotte Sean Connery ist der Archetyp des Superspions. Er ist James Bond. Ein Pacman des Kalten Kriegs, der alles verschlingt, was sich ihm in den Weg stellt: Feinde, Frauen, egal. Heruntergespült wird das Ganze mit Martinis – ironischerweise mit Wodka durchsetzte. Connery war die inkarnierte Wunschvorstellung westlicher Überlegenheit über ein aggressiv expandierendes Sowjetsystem: attraktiv, brutal, triebhaft, schlau, ein Technokrat und immer loyal. Frappant übrigens, wie ähnlich Connery der Hauptfigur des James-Bond-Comics sieht, der ab 1958 im «Daily Telegraph» veröffentlicht wurde.
Roger Moore: Die Kopie der Kopien
Nachdem «On Her Majesty's Secret Service» in den USA floppte, nahm man den US-Markt erst recht in Angriff. Am besten mit einem Schauspieler, den man drüben schon kannte. Mit Roger Moore ging man auf Maximaldistanz zum alten Bond. Nicht mehr brutal und zynisch, sondern nett und klamaukig sollte er sein, so wie all die US-Bond-Kopien von Matt Helm bis Derek Flint. Leicht verdaulich und familientauglich sind die Filme mit Moore als Bond geraten. Sie erinnern zum Teil eher an Schenkelklopfer wie «Auf dem Highway ist die Hölle los» oder an Fantasy-Abenteuer wie «Star Wars» als an Agenten-Thriller.
George Lazenby: Der tragische Held
Ende der Sechziger schien es bewiesen: Nicht der Schauspieler hatte die Figur bekannt gemacht, sondern die Figur den Schauspieler. Also glaubten die Produzenten, den ermüdeten Connery mit einem Nobody ersetzen zu können – mit dem australischen Dressman George Lazenby. Die neue Besetzung bot eine Chance, die Bond-Filme veränderten Ansprüchen anzupassen. Die Comicfigur hatte ausgedient. Tragik, Realismus und emotionale Härte sollten einfliessen. Der Streifen mit Lazenby ist zugleich der einzige Bond-Film ohne Happy End und der Schauspieler wesentlich besser als sein Ruf.
Timothy Dalton: Ein Spion in Pension
Schwierig zu urteilen, ob Timothy Dalton eine Fehlbesetzung war, ob das Timing nicht stimmte oder ob beides zusammen eintraf. Tatsache ist: James Bond wurde mit Dalton auf dem Altar von Perestroika und Glasnost geopfert. Er wurde zum Auslaufmodell der Geschichte und musste statt kriminellen Ultra-Megalomanen banale Waffen- und Drogenschieber bekämpfen. Als wäre dies nicht schon schlimm genug, hatte sich Bond auch noch dem Diktat der Aids-Prävention zu beugen: nicht mehr als eine Frau pro Film. Damit schien sein Schicksal besiegelt.
Pierce Brosnan: Der Brioni-Biedermann
Auch das stimmt: Pierce Brosnan hat den Bond-Film gerettet. Aber zu welchem Preis? Er sieht aus, als sei er einem Katalog für konservative Diplomaten-Mode entsprungen. Und dann dieser Haarschnitt! Brosnan verkörpert den politisch korrekten Agenten mit Herz – und das sitzt überdies auf dem rechten Fleck. So richtig Brosnan als Bond in den Neunzigern vielleicht gewesen sein mag, so überflüssig ist er heutzutage. Brosnan war der Bond der Generation «MacGyver», und die rutscht allmählich aus der Zielgruppe.
Daniel Craig: Der neue Alte
Es stimmt: Daniel Craig ist kein Hingucker. Und das kann irritieren. Wer aber Craig in «Munich» gesehen hat, weiss, dass er die Lizenz zum Töten besitzt. Und das ist für einen Bond mindestens genauso wichtig. Im Vorfeld zu Craigs Nominierung wurde von Eric Bana bis Gerald Butler alles genannt, was Kniesocken aus Kaschmir hält. Gottseidank kam es anders. Craig ist eine mutige Wahl, denn mit ihm kehrt Bond zu seinen Ursprüngen zurück. Er ist der richtige Mann für ein Publikum, das mit Filmemachern wie Quentin Tarantino oder Guy Ritchie aufgewachsen ist.