Steuerstreit: Jetzt drohen Klagen aus Deutschland

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SteuerstreitJetzt drohen Klagen aus Deutschland

Norbert Walter-Borjans, Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, kämpft verbissen gegen deutsche Steuersünder und gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz. Er werde nicht auf den Bankdaten-Kauf verzichten.

von
kub
Walter-Borjans will nicht auf Schweizer Bankdaten verzichten.

Walter-Borjans will nicht auf Schweizer Bankdaten verzichten.

Die Gegner des Steuerabkommens in Deutschland versuchen mit allen Mitteln, die Einigung zu hintertreiben. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) droht offen mit dem Bruch des Abkommens: Auch nach der Ratifizierung will er Bankkunden-Daten kaufen.

Es sei nicht so, dass nach dem Abschluss des Steuerabkommens der Kauf von Steuer-CDs entbehrlich wäre, sagte Walter-Borjans in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche».

«Wir haben Hinweise, dass es möglicherweise neue Konstrukte gibt, in die das Geld fliesst und die vom Abkommen nicht erfasst sind.» Darum müssten die deutschen Behörden auch nach der Ratifizierung weiteres Datenmaterial erwerben können.

Neuverhandlungen mit neuem Kanzler

Soweit möchte es Walter-Borjans aber gar nicht kommen lassen. Wie seine Partei arbeitet er darauf hin, dass das Abkommen in der heutigen Form nicht in Kraft treten kann. Neuverhandlungen hält er für möglich - spätestens nach den Bundestagswahlen in Deutschland im kommenden Jahr. Für die Schweiz und ihre Banken sei der jetzige Zustand «definitiv schlechter» als mit jedem Abkommen.

Ein solches muss für den Finanzminister nicht zwingend den automatischen Informationsaustausch enthalten. Ein Steuerabkommen müsse aber gewährleisten, «dass die Nachbesteuerung so hoch ist, dass es sich nicht gelohnt hat, zu hinterziehen». Mit dem vorgesehenen Satz von 21 Prozent seien Steuerhinterzieher wesentlich besser gestellt als ehrliche Steuerzahler.

Zudem müsse ein Abkommen sicherstellen, dass Steuerhinterzieher vor Inkrafttreten des Abkommens nicht einfach «abschleichen» könnten, sagte Walter-Borjans. Einige Schweizer Banken entwickelten aber offenbar schon jetzt Modelle, um das Geld in der Schweiz in anderen Konstrukten oder gar in anderen Steueroasen verstecken zu können.

Ermittlungen gegen Banken

Darum will der SPD-Politiker die Banken künftig härter anpacken, wenn nötig mit Hilfe der Justiz. In dem bisher zugespielten Datenmaterial gebe es Hinweise auf aktive Beihilfe zur Steuerhinterziehung, sagte Walter-Borjans. «Und wenn damit der Nachweis für systematische Steuerhinterziehung erbracht werden kann, werden wir dem auch nachgehen.»

Für SPD-Chef Sigmar Gabriel ist die Sache bereits entschieden: Im Deutschlandfunk warf er den Schweizer Banken am Sonntag «organisierte Kriminalität» vor. Wer bandenmässig Steuern hinterziehe, könne mit zehn Jahren Haft bestraft werden. «Das ist ein schwerer Straftatbestand.»

Die USA hätten den Schweizer Banken schlicht und einfach mit Strafverfolgung gedroht, sagte Gabriel. «Warum trauen wir uns das eigentlich nicht? Oder warum übergeben wir das nicht dem Generalbundesanwalt, damit er dagegen ermittelt? Die werden ruck- zuck aufhören, da bin ich ganz sicher», erklärte er.

Abkommen auf der Kippe

In Deutschland stimmt die von den Gegnern dominiert Länderkammer, der Bundesrat, voraussichtlich im November über das Steuerabkommen ab. In der Schweiz stimmten National- und Ständerat dem Abkommen schon im vergangenen Juni zu. Sollte das Referendum zu Stande kommen, hat das Schweizer Stimmvolk am 25. November das letzte Wort.

Derweil versucht Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf gutes Wetter für das Steuerabkommen zu machen. Sie sehe keine Anzeichen dafür, dass deutsche Gelder in nennenswertem Ausmass von der Schweiz nach Singapur abgezogen würden, sagte sie in einem Interview mit der «az Aargauer Zeitung» und der «Südostschweiz».

Zudem sei das Steuerabkommen mit Deutschland «darauf ausgelegt, dass Gelder nicht irgendwohin verschoben werden, sondern hier nachbesteuert werden zu akzeptierbaren Bedingungen».

Widmer-Schlumpf glaubt zudem, dass mit den Berichten über den Kauf von Steuer-CDs versucht werde, Verunsicherung zu streuen. Die Vermutung, dass man möglichst viele Deutsche noch dazu bringen wolle, ihre Vermögen offenzulegen, sei nicht von der Hand zu weisen, sagte sie.

Wie richtig die Bundesrätin damit liegt, bestätigt Walter-Borjans im Interview: Zu Jahresbeginn habe Flaute bei den Selbstanzeigen geherrscht, sagte er. «Jetzt steht es schlecht um das Abkommen, es gibt Ermittlungen, und die Zahl der Selbstanzeigen steigt wieder.» (kub/sda)

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