
Eineinhalb Stunden am Tropf: So lange dauert die Behandlung mit einer NAD+-Infusion.
SelbstversuchJünger und schöner dank Infusion – wir hängen uns an den Tropf
In unserer neuen Serie «Hit or Miss» testen wir neue Beauty-Treatments und verraten dir, ob sie sich lohnen. Dieses Mal im Test: Eine Infusion, die jünger machen soll.
- von
- Malin Mueller
Hast du dich schon mal an den Tropf hängen lassen, obwohl es aus medizinischer Sicht nicht nötig gewesen wäre? Beauty-Redaktorin Malin hat diese Erfahrung hinter sich und reiht sich damit neben Anne Hathaway und Tom Cruise ein – beide sind Fans der sogenannten NAD+-Infusion. Das Mittel soll fitter und fokussierter machen und verjüngend wirken. Dr. med. Katarzyna Fischmann bietet die Behandlung in der Future Medicine Clinic in Luzern an und verrät, was dahinter steckt, bevor unsere Redaktorin es selbst testet.

Dr. med. Katarzyna Fischmann ist Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie FMH und Psychoonkologische Psychotherapie SGPO. Sie leitet die Future Medicine Clinic in Luzern.
Was verspricht das Treatment?
«Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid – kurz NAD – ist ein Coenzym, das in allen Zellen des Körpers vorkommt. Es ist unter anderem für die DNA-Reparatur und den Energiestoffwechsel notwendig», so Dr. med. Fischmann. «Zu einem gewissen Grad wird es vom Körper selbst produziert. Ab etwa 30 sinkt die Produktion aber. Mit 50 stellt der Körper nur noch die Hälfte der ursprünglichen Menge her.»
Wie weit würdest du gehen, um jung zu bleiben?
Durch eine Infusion mit NAD+ (der aktiven Form des Enzyms) soll der Alterungsprozess der Zellen verlangsamt und die Funktion des Immunsystems verbessert werden. Der erhöhte Stoffwechsel soll für mehr Energie sorgen und chronische Müdigkeit soll bekämpft werden. Die Wirkung hält dabei je nach Person, Alter und Ausgangslage unterschiedlich lang an. Bei jüngeren Menschen reicht eine einzige Infusion oft für lange Zeit aus. Ältere Personen spüren die Wirkung einige Monate.
Für wen ist die Infusionstherapie geeignet?
«Grundsätzlich kann jeder von NAD+ profitieren», so die Ärztin. «Durch die spürbare Leistungssteigerung schon Menschen ab 30. Viele, besonders Frauen, nutzen die Behandlung auch, um vorab etwas gegen entstehende Falten zu tun.» Justin Bieber machte die Methode während seines Drogenentzugs bekannt. In seiner Dokumentation sagt er, die Behandlung mit NAD+ habe ihm geholfen, den Entzug durchzuhalten. Dr. med. Fischmann weiss: «In den USA wird die Behandlung von verschiedenen Entzugskliniken empfohlen. NAD+ erhöht die Produktion von Dopamin, Serotonin und Noradrenalin. Alles Botenstoffe, die bei Depressionen, Angstzuständen und Stresssituationen zu wenig im Körper vorhanden sind.»

500mg NAD+ werden ein einem halben Liter Kochsalzlösung aufgelöst, bevor sie intravenös in den Körper gelangen.
Eine Personengruppe, die eine Infusion mit NAD+ nicht durchführen sollte, gibt es: «Da die Zellteilung angeregt wird, sind Krebspatienten nicht für die Behandlung geeignet. Es besteht das Risiko, dass sich Tumorzellen zu schnell vermehren.»
Was sind die Risiken?
Die Infusion selbst kann etwas unangenehm werden: «Man spürt ein Kribbeln in der Magengegend, das in Wellen auftreten kann und das Schwindel oder Unwohlsein verursacht. Nach der Behandlung ist diese Nebenwirkung direkt vorbei.» Laut der Ärztin ist das bereits alles: «Im Nachgang sind mir keine Nebenwirkungen bekannt.»
Was kostet es?
Eine Infusion geht ziemlich ins Geld: 500 Franken muss man für 500 mg NAD+ hinlegen, was einer empfohlenen Dosis entspricht.
Die Behandlung im Selbstversuch

Mit Infusion und Heizdecke verbringe ich die nächsten eineinhalb Stunden.
Nachdem mich Dr. med. Fischmann aufgeklärt hat, geht es an den Selbsttest. Wie bei einer Infusion üblich, beginnt der mit einer Nadel – nicht unbedingt meine liebste Art. Nach dem schmerzlosen Einstich bekomme ich eine Heizdecke, damit ich während der eineinhalb Stunden, die ich am Tropf hänge, nicht frieren muss. Denn so lange dauert die Infusion.

Tropfen für Tropfen gelangt das NAD+ in meinen Körper.
Die Tropfgeschwindigkeit liesse sich schneller einstellen. Aber: Sobald das Mittel in meinen Körper fliesst, spüre ich das Kribbeln, von dem Dr. med. Fischmann gesprochen hat. Für mehr Tempo bin ich schlichtweg nicht bereit. Und damit nicht allein: «Viele Patientinnen und Patienten brauchen zwei Stunden, bis sie durch sind, damit ihnen nicht übel wird.» Sobald die Flüssigkeit durchgelaufen ist, ist der Spuk wieder vorbei.
Hit or Miss? Das Fazit:
Ob die NAD+-Infusionen meinen zukünftigen Falten vorgebeugt hat, kann ich leider nicht auf die Schnelle beurteilen. Optisch hat sich nichts an mir getan. Aber: Direkt im Anschluss fühle ich mich sehr wach und fit – ein bisschen, wie nach zwei Espresso, nur ohne den zittrigen Nebeneffekt. Ich frage mich, ob das der Placebo-Effekt ist, der mich täuscht. Ich nehme meine neue Energie allerdings tatsächlich in die nächsten Tage mit und kann fokussiert arbeiten. Auch zwei Wochen nach der Behandlung habe ich zumindest das Gefühl, dass der Effekt anhält. Wer sich mehr Energie wünscht, kann eine Infusion mit NAD+ daher vielleicht in Betracht ziehen. Vorausgesetzt natürlich, man hat das nötige Kleingeld dafür.