Merrill-Lynch-SparteJulius Bär kauft sich 81 Milliarden Franken
Die Bank Julius Bär übernimmt vom US-Finanzinstitut Merrill Lynch das internationale Vermögensverwaltungsgeschäft. Die verwalteten Vermögen von Julius Bär steigen so um rund 40 Prozent.

Die Merrill-Lynch-Sparte verwaltet Vermögen von 84 Mrd. Dollar oder umgerechnet 81 Mrd. Franken.
Die Zürcher Privatbank Julius Bär macht einen Wachstumssprung. Sie übernimmt von der Bank-of-America-Tochter Merrill Lynch das Vermögensverwaltungsgeschäft ausserhalb der USA. Der Kaufpreis beträgt bis zu 860 Mio. Franken.
Hinzu kommen Integrationskosten von voraussichtlich 400 Mio. Fr. und ein nötiger Aufbau des Eigenkapitals um 300 Mio. Franken, wie Julius Bär am Montag mitteilte. Über eine allfällige Übernahme war bereits im Juni spekuliert worden.
Julius-Bär-Chef Boris Collardi bezeichnete den Schritt in einer Telefonkonferenz als Schlüsselereignis in der Geschichte der grössten Schweizer Privatbank. Erst vor drei Wochen hat Julius Bär eine Zusammenarbeit mit der Bank of China bekannt gegeben.
Die Übernahme der Merrill-Lynch-Sparte werde das Geschäft in Europa sowie in den wichtigen Wachstumsmärkten in Asien, Lateinamerika und dem Mittleren Osten deutlich vergrössern, erklärte Julius-Bär-Verwaltungsratspräsident Daniel Sauter.
Die Zahl der Standorte steigt um 8 auf 50. Überlappungen bestehen an 12 Standorten, darunter in Genf. Wieviele der 2000 Angestellten der Auslands-Vermögensverwaltung von Merrill Lynch zu Julius Bär wechseln können, blieb zunächst unklar.
40 Prozent an zusätzlichen Vermögen
Zur Jahresmitte verwaltete die Merrill-Lynch-Sparte Vermögen von 84 Mrd. Dollar oder umgerechnet 81 Mrd. Franken. Davon stammten zwei Drittel aus Wachstumsmärkten. Während die Vermögensverwaltung in Industriestaaten unter Druck ist, erhöht Julius Bär den Anteil des Geschäfts in Wachstumsmärkten laut Collardi von einem Drittel auf gegen 50 Prozent.
Innerhalb von zwei Jahren will Julius Bär von Merrill Lynch Vermögen von 57 bis 72 Mrd. Fr. integrieren. Der vereinbarte Kaufpreis entspricht 1,2 Prozent der transferierten Vermögen, also voraussichtlich zwischen 680 und 860 Mio. Franken.
Die verwalteten Vermögen von Julius Bär sollen um bis zu 40 Prozent auf 251 Mrd. Fr. und das Total der Kundenvermögen auf rund 341 Mrd. Fr. steigen. Damit verkleinert Julius Bär den Abstand zu UBS und Credit Suisse, die laut Julius Bär im vergleichbaren Private Banking 913 Mrd. respektive 774 Mrd. Fr. verwalten.
Kapitalerhöhung geplant
Die Übernahme hat ihren Preis für die Aktionäre: Der Kauf soll finanziert werden durch bis zu 530 Mio. Fr. aus existierendem Überschusskapital, der Ausgabe von 200 Mio. Fr. an neuen hybriden Instrumenten sowie 740 Mio. Fr. neuem Aktienkapital.
Vom neuen Aktienkapital sollen 240 Mio. Fr. an die Merrill-Lynch- Mutter Bank of America gehen. Dies entspricht einem Anteil von etwa 3 Prozent an Julius Bär.
Die restlichen 500 Mio. Fr. will Julius Bär durch ein Bezugsrechtsangebot ausgegeben. Zugleich will die Bank weitere 250 Mio. Fr. neues Aktienkapital für künftige «strategische Flexibilität» aufnehmen. Die Kapitalerhöhung soll von einer ausserordentlichen Generalversammlung am 19. September genehmigt werden.
Der Abschluss der Übernahme wird nach Genehmigung durch wichtige Behörden gegen Ende 2012 oder Anfang 2013 erwartet. Der Deal soll ab dann positiv zum Gewinn beitragen. Julius Bär stellt überdies einen Zuwachs des Gewinns pro Aktie im Jahr 2015 von 15 Prozent in Aussicht. (sda)
Bär-Aktie sinkt nach Ankündigung
Am Aktienmarkt scheint die angekündigte Übernahme der Merrill-Lynch-Vermögensverwaltung nicht gut anzukommen. Am Montagmorgen sank der Preis für eine Julius-Bär-Aktie bei Handelsbeginn um 1,2 Prozent, 40 Minuten später betrug das Minus bereits 3,8 Prozent.
Allerdings haben die Julius-Baer-Aktien seit Anfang Juni rund 15 Prozent an Wert gewonnen. Mitte Juni wurde erstmals bekannt, dass Julius Bär mit der Merrill-Lynch-Mutter Bank of America über einen Kauf der Sparte verhandelt.
Nicht profitabel
Der von Julius Bär übernommene Geschäft ist derzeit nicht profitabel. Das Verhältnis von Kosten und Einnahmen beträgt laut Finanzchef Dieter Enkelmann 105 Prozent. Julius Bär muss tief in die Tasche greifen, damit das Geschäft später läuft. Mit Investitionen von rund 400 Mio Fr. von Julius Bär und von gut 120 Mio. Fr. durch die Bank of America, Mutterhaus von Merrill Lynch, soll das Geschäft aber bis 2015 profitabel gemacht werden, sagte Finanzchef Dieter Enkelmann der Nachrichtenagentur awp.
Normalerweise rechne man beim Transfer von verwalteten Vermögen damit, dass 3 bis 10 Prozent der Kundengelder abgezogen würden. Julius Bär geht von einem Vermögensabfluss von 10 Prozent aus. Dies ergäbe ein Zuwachs der verwalteten Vermögen um 72 Mrd. Franken. Ein Teil der Kundenberater bei Merrill Lynch müsse zudem entscheiden, ob sie zu Julius Bär wechseln wollten. Mit den verlorenen Kundenberatern fliesst auch Geld ab.