Wegweisender ProzessJustiz soll Tierquäler härter anpacken
Einem ehemaligen Schweinehalter droht eine ungewöhnlich hohe Gefängnisstrafe. Tierschützer wollen, dass das Beispiel Schule macht.
- von
- Laly Zanchi
15 Monate Haft und 10 000 Franken Busse: Dies verlangt die Anklage für einen ehemaligen Schweinehalter aus Hinwil, der sich am Donnerstag wegen Tierquälerei vor Gericht verantworten musste. Diese Strafe ist für einen solchen Fall ungewöhnlich hoch. Der gelernte Käser habe seine Schweine in miserablen Zuständen gehalten, kritisierte die Anklage: Dreckige, völlig überfüllte Ställe und schlechte Luft habe das Veterinäramt im Betrieb vorgefunden. Der Mann liess kranke Tiere unbehandelt, trennte sie nicht von den gesunden und tötete sie auch nicht – selbst nachdem das Veterinäramt dies nach Kontrollen mehrmals verlangt hatte.
Als man den Betrieb schliesslich räumen liess, habe der Angeklagte vier Schweinekadaver einfach liegen gelassen. Der Halter beteuert, er habe «das Möglichste getan», und wirft den Behörden vor, an ihm ein Exempel statuieren zu wollen. Das Urteil wird nächste Woche erwartet.
Meist nur tiefe Bussen
Genau auf ein solches Exempel hoffen Tierschutzorganisationen. Christine Künzli, Anwältin und stellvertretende Geschäftsleiterin der Stiftung für das Tier im Recht, sagt: «Meistens werden für solche Verstösse nur bedingte Geldstrafen und tiefe Bussen ausgesprochen.» Die Vorschriften seien theoretisch streng genug, «für Tierquälerei drohen bis zu drei Jahren Freiheitstrafe», jedoch nützten die Behörden den verfügbaren Strafrahmen nicht aus. Sie hofft, dass sich das nun ändert.
Die Sensibilität vonseiten der Behörden und Bevölkerung sei bereits gestiegen. Immer öfter würden Fälle von Tierquälerei vor Gericht gebracht. 2014 wurden in der Schweiz 10 Prozent mehr Strafverfahren den Tierschutz betreffend geführt. «Das liegt nicht daran, dass immer mehr Tiere gequält werden, sondern daran, dass die Fälle eher gemeldet und untersucht werden.» Nun müsse die Justiz die Tierquäler aber auch angemessen bestrafen.
Noch weiter geht Hans-Ulrich Huber, Geschäftsführer des Schweizer Tierschutzes. Er kritisiert: «Für die Betriebe sind diese Geldstrafen nur ein Taschengeld.» Es brauche dringend strengere Mindestvorschriften für die Haltung von Nutztieren. Heute dürften Bauern die Mastschweine ungestraft ohne Auslauf in engen, kahlen Buchten halten. Statt weich auf Stroh müssten die Tiere auf hartem Betonboden liegen. Geht es nach Huber, sollten solche Haltungsformen verboten werden.
Label-Fleisch kaufen
Bei Suisseporcs, dem Verband der Schweineproduzenten, sieht man keinen Handlungsbedarf. Der stellvertretende Geschäftsführer, Adrian Schütz, begrüsst es aber, wenn in Fällen von grober Vernachlässigung hart durchgegriffen wird: «Das ist im Interesse aller Produzenten, die ihre Tiere richtig behandeln. Wir haben nichts zu verstecken und nichts zu befürchten.» Seiner Meinung nach müsse bei grober Vernachlässigung unbedingt ein Tierhalteverbot ausgesprochen werden. «Wenn solche Dinge geschehen, sind wir Bauern auch immer sehr aufgebracht. Es ist traurig, dass es so weit kommen muss.»
Eine Verschärfung der Mindestvorschriften lehnt Schütz ab. Die Schweizer Tierschutzvorschriften seien jetzt schon mit Abstand die strengsten der Welt. Darüber hinaus würden zwei Drittel der Produzenten freiwillig zusätzlich allen Schweinen Einstreu auf festen Liegeflächen und zusätzlichen Platz zur Verfügung stellen und die Hälfte gewähre ihren Tieren Auslauf ins Freie. Er meint: «Wem das Tierwohl am Herzen liegt, der soll Label-Fleisch kaufen und auf Fleisch aus dem Ausland verzichten, dort geht es den Tieren nämlich viel schlechter.»