Gewalthochburg Basel«Kameras sind ineffizient gegen Kriminalität»
Videoüberwachung soll Gewalt-Hotspots in Basel sicherer machen: Das verlangt eine kantonale Volksinitiative der bürgerlichen Parteien. Das Anliegen ist umstritten.
- von
- lha
Seit Jahren gilt Basel als Gewalthochburg der Schweiz. Nun erhoffen sich die bürgerlichen Parteien der Stadt «Mehr Sicherheit durch Sichtbarkeit»: So tauften LDP, SVP und CVP ihre kantonale Initiative, die die Videoüberwachung im öffentlichen Raum ins Gesetz schreiben will. Die Kantonspolizei soll zwecks Prävention und Strafverfolgung Kameras und Mikrofone fix installieren dürfen.
Die Kameras sollen vor allen an neuralgischen Stellen montiert werden. Dazu zählt André Auderset (LDP) vom Initiativkomitee die Steinenvorstadt, den Theatervorplatz oder auch das Gebiet um die Kaserne und das Kleinbasler Rotlichtmilieu. «Die Kameras könnten auch eine Verlagerung zur Folge haben», sagt er. Deshalb sollen die Aufnahme-Standorte flexibel sein und in einer Liste geführt werden, welche die Regierung jeweils genehmigen soll.
Nur die Staatsanwaltschaft soll die Bild- und Tonaufnahmen auswerten dürfen, und zwar nur bei «konkreten Verdachtsgründen für Verbrechen oder schwere Vergehen». Einsicht sollen weitere Beteiligte laut Initiativtext nur bei einem Strafverfahren erhalten. Nicht für Ermittlungen beigezogene Aufnahmen sollen nach acht Tagen automatisch gelöscht werden.
Kameras sollen die Polizei entlasten
Der Nutzen von Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist wissenschaftlich umstritten. In London, aber auch in Genf, wo das Problemquartier Pâquis überwacht wird, konnte kein Einfluss der Kameras auf die Kriminalität festgestellt werden. Hingegen stieg in Genf das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung im überwachten Quartier, wie eine Befragung durch die Universität Neuenburg ergab.
«Ja, es gibt eine Unmenge von Studien zum Thema», sagt Auderset. Er führt aber ins Feld, dass die Videoüberwachung die Sicherheit in den Basler Trams erhöht habe. «Kameras ermöglichen zudem, dass die Polizei ihre Präsenz an anderen Orten erhöhen kann, wo sie heute nicht so häufig unterwegs ist», sagt der ehemalige Polizeisprecher, der im Initiativ-Komitee ist.
«Was nützt ein Video, wenn es dunkel ist?»
Andres sieht es Thomas Gander. Der SP-Grossrat war jahrelang Fanarbeiter beim FC Basel 1893. «In England wird der öffentliche Raum sehr engmaschig überwacht. Die Erfahrungen zeigen, dass die Videoüberwachung das ineffizienteste Mittel ist, um Kriminalität zu bekämpfen», sagt er.
Die Erfahrung in Basel zeige, dass eine erhöhte Polizeipräsenz an Hotspots die Kriminalität wirksam senke. «Die Idee ist auch im praktischen Sinne etwas realitätsfern: Was nützt ein Video, wenn es etwa dunkel ist?», so Gander.
Auch dass nur punktuell auf die Aufnahmen zugegriffen werden soll sei kein stichfestes Argument: «Bei einer permanenten Überwachung wird versucht werden, den Verwendungszweck immer weiter auszudehnen. Solchen Massnahmen – das kenne ich aus Diskussionen beim Fussball – folgen rasch Forderungen nach Datensammlungen.»
Letzter Anlauf scheiterte im Parlament
Das Initiativkomitee hat bis November 2020 Zeit, die nötigen 3000 Unterschriften zu sammeln. 2011 scheiterte eine bürgerliche Regierungsvorlage für fest installierte Videokameras auf Allmend im Grossen Rat: Dieser trat mit 50 gegen 41 Stimmen nicht darauf ein. Die Vorlage sah für 680'000 Franken 72 Kameras an 13 neuralgischen Punkten vor. Das Komitee will nun mit der Initiative das Volk entscheiden lassen.
Die FDP weist darauf hin, dass sie sich zusammen mit der GLP und der BDP von der Initiative distanziert.