Rückforderung von BoniKann die Politik Ex-CS-Bosse Dougan & Co. zur Verantwortung ziehen?
Politiker wollen, dass die früheren Chefs der Credit Suisse einen Teil ihrer Boni zurückzahlen. Doch ist das überhaupt möglich? Ein Staatsrechts-Professor hat Zweifel.

- von
- Claudia Blumer
Darum gehts
Sparer verlieren im Zuge des CS-Debakels ihr Geld, Aktionärsrechte werden ausgehebelt und der Staat haftet mit Unsummen.
Politiker von links bis rechts fordern, dass die Ex-Chefs ihre vor Jahren erhaltenen Boni zurückzahlen müssen.
Staatsrechtsprofessor Felix Uhlmann hält es für schwierig, Vergütungen nachträglich zurückzufordern.
Noch vor einer Woche hätte es niemand für möglich gehalten. Die grösste Schweizer Bank schluckt die zweitgrösste. Der Bund stellt 209 Milliarden Franken an Sicherheit zur Verfügung.
Nun fordern Politiker eine Änderung des Vergütungssystems. Der Bundesrat hat am Dienstagnachmittag mitgeteilt, dass die CS vorläufig keine Boni auszahlen darf. Dies habe das Finanzdepartement der Bank via Verfügung mitgeteilt. Doch Parlamentarier von SP und FDP wollen weitergehen: Die ehemaligen CS-Chefs, die den Niedergang der Bank mitverantwortet haben, sollen zur Rechenschaft gezogen werden und erhaltene Boni zurückzahlen. Im Visier stehen unter anderem die früheren Verwaltungsratspräsidenten Walter Kielholz und Urs Rohner sowie die CEO Brady Dougan und Tidjane Thiam. In den letzten zehn Jahren habe die Credit Suisse 32 Milliarden Franken Boni ausbezahlt, errechnete der «Tages-Anzeiger». In derselben Zeit habe die Bank 3,2 Milliarden Franken Verlust gemacht.
Professor: «Das ist rechtlich kaum möglich»
Doch kann die Politik Millionen-Vergütungen nach Jahren noch zurückfordern? Felix Uhlmann, Professor für Staatsrecht an der Universität Zürich, zweifelt. «Ich habe Verständnis für das Anliegen, doch rechtlich ist das schwierig.»
Für eine normale Verordnung fehle die Gesetzesgrundlage, sagt er. «Würde das Parlament ein Gesetz zur Rückerstattung von Boni erlassen, wäre das wegen der Rückwirkung ein Verfassungsbruch.» Die Anwendung von Notrecht schliesslich gehe nicht, weil dies Dringlichkeit voraussetze.
Doch es gibt auch andere Stimmen. Marc Chesney, Professor am Institut für Bancing and Finance der Universität Zürich, sagt zu dieser Frage: «Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg.»
SP-Wermuth: «Es geht auch um die Signalwirkung»
So sehen es auch die Politiker. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth sagt: «Es muss einen Weg geben, das frühere Top-Kader, welches das Debakel verantwortet, finanziell zur Rechenschaft zu ziehen.» Er rede nicht von einfachen Angestellten, die einen Teil ihres Lohnes als Boni ausbezahlt bekommen hätten. Es gehe um «die Entscheidungsträger ganz oben.» Der Bundesrat habe alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft, um die Übernahme der CS durch die UBS zu ermöglichen. Also sei auch die Boni-Rückerstattung möglich.
«Menschen, die Sozialhilfe beziehen, müssen sich bis auf die Unterhosen ausziehen und werden belangt, wenn sie einen Franken ‹zu viel› besitzen. Währenddessen sollen die CS-Chefs nicht belangt werden können, die horrende Summen kassierten, während sie die Bank in den Abgrund führten? Das versteht niemand», sagt der Aargauer Nationalrat. Künftig dürfe es in systemrelevanten Banken nicht mehr möglich sein, dass riskantes Geschäften finanziell belohnt wird.
FDP-Caroni: «Boni nur unter Vorbehalt»
Auch die FDP ist dafür, dass die ehemaligen CS-Chefs Geld rückerstatten müssen. Noch 2018 hat sie eine entsprechende Motion der damaligen SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer abgelehnt. Doch nun sieht es anders aus.
FDP-Ständerat und Staatsrechts-Experte Andrea Caroni verweist auf das Bankengesetz, in dem systemrelevante Banken verpflichtet sind, in ihren Vergütungssystemen «verbindlich einen Vorbehalt anzubringen», wonach im Fall von Staatshilfe der Anspruch auf Boni beschränkt werden könne. Die Bestimmung trat 2012 in Kraft. «Die Credit Suisse muss seit elf Jahren entsprechende Vorbehalte in ihrem Vergütungssystem haben. Ich nehme an, die CS hat – von der Finma überwacht – diese Pflicht erfüllt. Somit hat die Bank eine interne Grundlage, Boni sofort zu beschränken und je nach Ausgestaltung des Vorbehalts sogar zumindest teilweise zurückzufordern, und zwar gestützt auf bestehendes Recht», sagt Caroni.
Die Wirtschafts- und Abgabekommissionen (WAK) beider Räte erarbeiten in ihren nächsten Sitzungen Vorstösse mit dem Ziel, dass das Parlament in der ausserordentlichen Session zur CS-Krise über eine zukünftige Finanzplatzstrategie beraten kann. In den WAK-Sitzungen seien wohl auch die Rückforderungen der Boni ein Thema, sagt Andrea Caroni.
Ist es zulässig, Boni nachträglich einzufordern?
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