Depression: Expertin verrät, wie Angehörige helfen können

Hat deine Mutter immer auf dich geschaut – und heute braucht sie dich? Der Umgang mit depressiven Menschen ist anspruchsvoll. Wir haben Tipps. 

Hat deine Mutter immer auf dich geschaut – und heute braucht sie dich? Der Umgang mit depressiven Menschen ist anspruchsvoll. Wir haben Tipps.

Sarah Qua / Pexels
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Marco (26) fragt den Life Coach«Kann ich meiner Mutter aus der Depression helfen?»

Wenn ein lieber Mensch an einer psychischen Krankheit leidet, will man am liebsten immer da sein. Life Coach Sandra erklärt, wie du Hilfe richtig anbietest – und dabei dich selber schützt.

Geraldine Bidermann
von
Geraldine Bidermann

«Liebe Sandra. Meine Mutter kommt nicht aus ihrer Depression raus. Sie ist sehr negativ und findet keinen Antrieb. Was kann ich für sie tun, damit sich ihr Leben wieder zum Positiven verändert? Kann ich überhaupt etwas dazu beitragen oder liegt es alleine an ihr, diese Hürde zu meistern?» – Marco (26)

Antwort von Life Coach Sandra Lutz:

Lieber Marco,

Ganz lieben Dank für deine Frage und deinen Mut. Ich schätze deine Frage sehr, denn sie zeugt von Fürsorge für deine Mutter und ich kann verstehen, dass du ihr helfen möchtest.

Versuche, dich in Bezug auf die Depression schlau zu machen

Viele von uns haben das Wort Depression schon oft gehört, aber die meisten wissen nicht, um was es genau geht. Hinzu kommt, dass das Krankheitsbild der Depression sehr unterschiedlich sein kann. Wenn du für dich etwas besser verstehst und anerkennst, was eine Depression ist (nämlich eine Krankheit) dann sind die nächsten Schritte, dich und deine Mutter zu unterstützen, etwas einfacher. Die Antriebslosigkeit ist eines der Hauptsymptome einer Depression. Diese Antriebslosigkeit ist nicht mit einer Unlust eines gesunden Menschen zu vergleichen. Für depressive Menschen kann das morgendliche Aufstehen bereits eine sehr grosse, fast unüberwindbare Hürde bedeuten.

Unendlich müde: Antriebslosigkeit ist ein typisches Symptom einer Depression.

Unendlich müde: Antriebslosigkeit ist ein typisches Symptom einer Depression.

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Achte auf deine Energiereserven

Wir können alle nur dann unser Bestes geben und auch für andere unterstützend da sein, wenn es uns selber gut geht. Achte auf dich und dein Wohlergehen. Gönne dir auch mal Ruhepausen und Zeit für dich alleine, stecke deine Grenzen ganz klar ab. Ich kann verstehen, dass du am liebsten rund um die Uhr helfen möchtest, aber ohne Regeneration geht das nicht. Gönne dir Zeit, um deine Batterien aufzuladen und kommuniziere das deutlich. Depressive Menschen können oftmals nicht sehr gut mit Ablehnung umgehen, da es ihre Meinung bestärkt, nichts wert zu sein. Achte also unbedingt darauf, rechtzeitig zu kommunizieren, dass du Zeit für dich benötigst.

Nur wenn deine eigenen Batterien aufgeladen sind, kannst du anderen helfen. 

Nur wenn deine eigenen Batterien aufgeladen sind, kannst du anderen helfen.

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Kommentare und Ratschläge vermeiden

Depressive Menschen haben oft das Gefühl, eine Last für andere zu sein. Gutgemeinte Ratschläge wie «Lach doch einfach wieder einmal, ist doch alles halb so schlimm, oder «Stell dich jetzt nicht so an» helfen nicht. Einfach nur da zu sein und zuzuhören ist eine Kunst, die genau in diesen Situationen für einen depressiven Menschen stärkend sein kann. Es ist im Heilungsprozess auch wichtig, dass man als gesunder Mensch seine Erwartungen zurückschraubt und Geduld entwickelt.

Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine psychische Erkrankung?

Hier findest du Hilfe:

Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858

Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen

Verein Postpartale Depression, Tel. 044 720 25 55

Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Konkrete Hilfe anbieten

Proaktiv und ganz gezielt Hilfe anzubieten, ist meist effizienter als einfach zu sagen «Gib mir Bescheid, wenn du Hilfe brauchst». Biete immer wieder konkret Hilfe an – sei es, eine Aufgabe im Haushalt zu erledigen, eine Einladung zu einem kurzen Spaziergang zu offerieren oder einfach nur dein offenes Ohr anzubieten. Fragen wie: «Hast du heute schon etwas gegessen?» kann man einfacher beantworten als «Kann ich was tun?».

«Hast du Lust auf ein feines Frühstück?» – Je genauer du deine Hilfe anbietest und konkrete Ideen lieferst, desto einfacher fällt es Betroffenen, diese anzunehmen. 

«Hast du Lust auf ein feines Frühstück?» – Je genauer du deine Hilfe anbietest und konkrete Ideen lieferst, desto einfacher fällt es Betroffenen, diese anzunehmen.

Alexander Mils / Pexels

Und zum Schluss: Manchmal kann es hilfreich sein, den Menschen zu sagen, dass man sie lieb hat. Depressive Menschen fühlen sich häufig für vieles schuldig oder ungeliebt und haben das Gefühl, sie müssen sich für die anderen ändern. Ein «Ich liebe dich so, wie du bist. Auch wenn es dir nicht gut geht und du antriebslos bist. Ich will nur um deinetwillen, dass es dir besser geht und nicht wegen mir oder sonst wem», kann manchmal Wunder wirken.

«Ich liebe dich so, wie du bist»: Diese Worte fühlen sich wie eine Umarmung an.

«Ich liebe dich so, wie du bist»: Diese Worte fühlen sich wie eine Umarmung an.

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Bisherige Fragen an Sandra Lutz

Ich wünsche dir viel Geduld und Verständnis und deiner Mutter von Herzen gute Besserung.

Herzlichst, deine Sandra

Über Sandra Lutz

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