Umstrittener Versuch - Kann man das ÖV-Billet in Zukunft nicht mehr mit Bargeld bezahlen?

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Umstrittener VersuchKann man das ÖV-Billet in Zukunft nicht mehr mit Bargeld bezahlen?

An vier Haltestellen im Kanton Bern testet die BLS neue Automaten, die kein Bargeld akzeptieren. Konsumentenschützer und Politiker warnen vor der bargeldlosen Zukunft.

Patrick McEvily
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Patrick McEvily
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Die BLS testet neue Billetautomaten, an denen man nur noch per Karte oder mit dem Handy zahlen kann. Sie sind viel kleiner als die herkömmlichen Geräte und richten sich an Smartphones.

Die BLS testet neue Billetautomaten, an denen man nur noch per Karte oder mit dem Handy zahlen kann. Sie sind viel kleiner als die herkömmlichen Geräte und richten sich an Smartphones.

BLS
Zum Einsatz kommen die neuen Geräte an insgesamt vier Standorten: Unter dem Baldachin am Bahnhof Bern und an den Bahnhöfen Belp, Niederscherli und Spiez

Zum Einsatz kommen die neuen Geräte an insgesamt vier Standorten: Unter dem Baldachin am Bahnhof Bern und an den Bahnhöfen Belp, Niederscherli und Spiez

BLS
Die BLS muss bis 2025 sämtliche ihrer 200 Automaten in den Kantonen Bern, Luzern, Wallis, Freiburg, Neuenburg und Jura ersetzen.

Die BLS muss bis 2025 sämtliche ihrer 200 Automaten in den Kantonen Bern, Luzern, Wallis, Freiburg, Neuenburg und Jura ersetzen.

20min/Simon Glauser

Darum gehts

  • Die BLS startet einen Test mit bargeldlosen Automaten: An vier Standorten im Kanton Bern sind sie seit einem Monat im Einsatz.

  • Die neuen Geräte erlauben die Zahlung nur noch per Karte oder mit einer App.

  • Die Debatte rund um das Bargeld bewegt. Was für die Unternehmen Kosten spart, verunsichert Konsumentenschützerinnen und Politiker.

Im Coronajahr ist das bargeldlose Zahlen in der Schweiz endgültig angekommen. Wer sich jeden Tag mehrmals die Hände wusch, verspürte offenbar keine Lust, mit dem Verkaufs- oder Fahrpersonal Münzen auszutauschen. Kartenzahlungen oder der mobile Zahlungsanbieter Twint boomten. Marschieren wir also in eine bargeldlose Zukunft? Was passiert dann mit Menschen, die nicht auf das Bargeld verzichten wollen – im Fachjargon «Non-Digitals» genannt?

Wie die CH Media berichtet, experimentieren die Schweizer Transportunternehmen zunehmend mit Zahlungsvarianten, die aufs Bargeld verzichten. Voran geht die BLS: An insgesamt vier Standorten in und um Bern hat sie Ende März neue münz- und notenlose Billetautomaten installiert. Dabei handelt es sich um einen Test. Die Kundinnen und Kunden können nach dem Billetkauf über einen QR-Code an einer Umfrage teilnehmen. Nach drei Monaten will die BLS Bilanz ziehen. Das Unternehmen muss bis ins Jahr 2025 seine aktuellen Automaten ersetzen. Die Frage, ob man in Zukunft komplett auf Bargeld verzichten wird, verneint die Sprecherin der BLS nicht.

Auch bei Postauto macht man sich Gedanken über eine bargeldlose Zukunft. Bereits ab diesem Sommer wird man in den gelben Bussen mit Twint zahlen können. Die SBB will auf Anfrage von CH Media nur angeben, dass die Bargeldzahlung «nicht so bald verschwinden» wird.

Rechtlich in Ordnung, politisch umstritten

Gegen das Recht verstösst die BLS mit ihren Tests nicht. Transportunternehmen dürfen die Annahme von Bargeld verweigern, wenn sie dies so in ihren Geschäftsbedingungen ausweisen. Zwar gilt gemäss Bundesgesetz eine Annahmepflicht für Bargeld in der Schweiz, da es sich aber um sogenanntes «dispositives Recht» handelt, können sich Unternehmen per Vertrag aus der Pflicht lösen.

In der ganzen Schweiz haben die Transportunternehmen ihre bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren ausgeweitet. Dabei dürfte neben der Kosten-Reduzierung auch die Möglichkeit des Datensammelns für die ÖV-Betriebe interessant sein, merkt die Konsumentenschützerin Sara Stalder gegenüber der «Aargauer Zeitung» an. Zwar beteuern die Verantwortlichen, dass die Kundinnen und Kunden auch in Zukunft Quittungen auf Papier erhalten würden und somit keine Rückschlüsse auf die Käuferin oder den Käufer möglich seien: Der Verzicht aufs Bargeld nütze aber rein den Unternehmen, warnt sie.

Die Debatte rund um das Bargeld hat auch schon Bundesbern erreicht. Letztes Jahr reichte der Waadtländer SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor eine Motion ein, wonach das Recht auf Barzahlung in der Verfassung verankert werden sollte. Der Bundesrat steht einer solchen Priorisierung des Bargelds aber skeptisch gegenüber und lehnte diese darum ab. Im Parlament wurde sie noch nicht diskutiert.

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