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Lieber Phil GeldKann man mir das Musizieren verbieten?

Musikliebhaber Tim (27) spielt in seiner Wohnung E-Drums. Tims Nachbar beschwert sich wegen des Lärms. Was tun?

Die zulässigen Lärmemissionen sind oft in der Hausordnung oder im Mietvertrag geregelt. (Bild: Colourbox)

Die zulässigen Lärmemissionen sind oft in der Hausordnung oder im Mietvertrag geregelt. (Bild: Colourbox)

Lieber Phil Geld

Ich bin vor kurzem umgezogen. Bei der Wohnungsbesichtigung habe ich den Vermieter darauf hingewiesen, dass ich elektronisches Schlagzeug, sogenannte E-Drums, spiele. Er meinte, das sei kein Problem. Die Wohnungen seien nicht ringhörig. Nun habe ich festgestellt, dass es doch ein Problem ist – und zwar für meinen Nachbarn. Er beschwert sich über den Lärm und verbietet mir das Musizieren. Kann er das? Mein Vermieter hat mir doch die Erlaubnis erteilt. Ausserdem habe ich einen dicken Teppich unterlegt, der extra für den Gebrauch der E-Drums in einer Wohnung hergestellt wurde.

Lieber Tim

Das Schweizerische Obligationenrecht hält in Art. 257f Abs. 2 OR fest, dass der Mieter einer unbeweglichen Sache auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen muss. Das bedeutet unter anderem, dass Mieter das Ruhebedürfnis der Nachbarn respektieren müssen.

Üblicherweise ist im Mietvertrag, in der Hausordnung und/oder in der kommunalen Polizei- oder Gemeindeverordnung geregelt, welche Lärmemissionen zu welcher Zeit in einer Mietwohnung zulässig sind. Gänzlich verbieten lässt sich das Musikhören oder Musizieren allerdings nicht. In der Allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Zürich (APV) beispielsweise wird die Zeit von 22.00 bis 7.00 Uhr als Nachtruhe definiert. Im Sommer freitags und samstags erst ab 23.00 Uhr. Weiter ist gemäss Art. 19 Abs. 2 APV mittags von 12.00 bis 13.00 Uhr, abends ab 20.00 Uhr bis zum Beginn der Nachtruhe und an öffentlichen Ruhetagen dem Erholungsbedürfnis der Bevölkerung besonders Rechnung zu tragen.

Zu diesen Zeiten ist lärmintensives Verhalten zu unterlassen. Für Musizierende und Musikhörende gilt an vielen Orten die vorgezogene Nachtruhe ab 20.00 Uhr. Ausserdem kann die maximale Spieldauer pro Tag beschränkt werden. Ausserhalb der genannten Ruhezeiten ist das Musizieren und Musikhören grundsätzlich erlaubt – dies gilt im Normalfall auch in einer ringhörigen Wohnung. Nicht zulässig ist in der Regel aber das Musikhören, Musizieren und Singen bei offenem Fenster oder im Freien (zum Beispiel auf dem Balkon).

Besonders lärmintensive Instrumente wie Schlagzeuge (so auch E-Drums) oder Trompeten sollten aus Rücksicht auf die Nachbarn freiwillig in beschränktem Rahmen gespielt werden. Solche Instrumente können durchaus die Grenzen des Zumutbaren sprengen. Im schlimmsten Fall kann der Vermieter einem Mieter kündigen, weil er gegenüber den anderen Mietern den vertragsgemässen Gebrauch der Mietsache garantieren muss. Da in deinem Fall aber bei Vertragsabschluss bekannt war, dass du E-Drums spielst, würde eine Kündigung möglicherweise gegen Treu und Glauben verstossen.

Rücksichtnahme auf die Nachbarn ist trotzdem sinnvoll. Du könntest die digital erzeugten Töne der E-Drums beispielsweise über Kopfhörer hören. So würde der normale Gebrauch der Wohnung nicht strapaziert und es sollte auch zu keinem Konflikt mit deinem Vermieter und Nachbarn kommen. Ich rate dir, dich an die vorgeschriebenen Ruhezeiten zu halten und mit deinem Nachbarn nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen. Lässt sich keine einvernehmliche Lösung finden, könnte es durchaus sinnvoll sein, den Vermieter miteinzubeziehen. Er könnte allenfalls eine Anordnung erlassen, über die nicht mehr diskutiert werden kann.

Freundlich grüsst

Phil Geld

E-Mail: phil.geld@20minuten.ch

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