Urnäsch ARKanton zerstört wertvolle archäologische Funde
Auf dem ehemaligen Urnäscher Friedhof wurde archäolgisch Wertvolles gefunden. Aus wissenschaftlicher Sicht müsste es ausgegraben werden – stattdessen wird es zerstört.
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Auf dem ehemaligen Friedhof bei der reformierten Kirche in Urnäsch wurde anfangs August vom Amt für Archäologie Thurgau eine Sondiergrabung durchgeführt, die vom Kanton Appenzell Ausserrhoden angeordnet wurde. Dies, um im Hinblick auf den geplanten Neubau des Urnäscher Gemeindehauses das archäologische Potenzial der vom Bau betroffenen Parzellen abzuklären.
Wie es am Mittwoch in einer Mitteilung heisst, sind bei der Grabung 12 Gräber dokumentiert und geborgen worden, rund 107 Kilogramm Knochenmaterial herausgelesen und mindestens sieben Individuen in einem Massengrab gefunden worden. Die archäologisch wertvollen Ausgrabungen stammen aus dem 15./16. Jahrhundert.
Rettungsgrabung notwendig
Aus rein wissenschaftlicher Sicht sei eine Rettungsgrabung notwendig. Die Sondiergrabung habe gezeigt, dass im vorgesehenen Baugebiet zahlreiche Überreste des historischen Friedhofs vorhanden seien. «Nach heutigem Kenntnisstand ist klar, dass es sich um ein aussergwöhnlich dicht belegtes Gräberfeld handelt», heisst es in der Medienmitteilung weiter.
Trotzdem wird es keine Rettungsgrabung geben. Der Grund: die Kosten. «Angesichts der angespannten Finanzlage des Kantons ist bei allen Ausgaben grösstmögliche Zurückhaltung zu üben. Vor dem Hintergrund der weitreichenden Sparbemühungen wäre es nicht zu verantworten, für eine isolierte Rettungsgrabung mit unsicherem Erkenntnisgewinn mehrere hunderttausend Franken auszugeben», heisst es im Schreiben.
Archäologischen Funde und Schichten zerstört
Die archäologischen Funde und Schichten im Bereich des Neubaus werden zerstört. Gebeine, die bei den Bautätigkeiten zu Tage kommen, werden voraussichtlich im Gemeinschaftsgrab auf den neuen Friedhof in Urnäsch gebracht. Die Funde und Schichten auf der angrenzenden Parzelle zwischen Kirche und Gemeindehaus könnten durch die Bautätigkeit voraussichtlich auch geschädigt werden. «Um die Belastungen zu reduzieren, wird mit schweren Maschinen aufgepasst, dass der Boden möglichst nicht verdichtet wird, weil das die Knochen schädigt», erklärt Georg Amstutz, Leiter des Kommunikationsdienstes.
«Klar ist Bedauern vorhanden und es wäre schön gewesen, wenn man genügend Geld dafür gehabt hätte. In diesem Fall musste aber abgewogen werden, was wichtiger ist», so Amstutz. Zudem seien nicht alle Knochen verloren: «Es kann sein, dass ein Teil der Knochen zu einem späteren Zeitpunkt ausgegraben wird.»
Wie Martin Schindler, Leiter der Kantonsarchäologie St. Gallen, auf Anfrage sagt, ist es in St. Gallen in den 20 Jahren, in denen er dort arbeitete, nie zu einem ähnlichen Fall gekommen. «Generell ist es immer schade, wenn solche Funde nicht geborgen werden können», so Schindler.