Politik fordert: «Kantone müssen problematische Privatschulen genauer kontrollieren»

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Politik fordert«Kantone müssen problematische Privatschulen genauer kontrollieren»

Gleich zwei Kantone haben Bewilligungen für fragwürdige Privatschulen ausgestellt. Jetzt fordern Politikerinnen und Politiker mehr Transparenz und bessere Kontrollmechanismen.

Nicolas Meister
Daniel Graf
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In Rikon ZH hat der rechtsesoterische Verein Campus Vivere eine Privatschule eröffnet. Am Fenster hängt ein Plakat des Instituts Trivium United, ein Verein aus der rechten Szene, der den Staat als Institution ablehnt.

In Rikon ZH hat der rechtsesoterische Verein Campus Vivere eine Privatschule eröffnet. Am Fenster hängt ein Plakat des Instituts Trivium United, ein Verein aus der rechten Szene, der den Staat als Institution ablehnt.

20min/Ela Çelik
Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich hat die Privatschule offiziell bewilligt. Das sorgt bei Mitgliedern des Parlaments für Aufruhr.

Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich hat die Privatschule offiziell bewilligt. Das sorgt bei Mitgliedern des Parlaments für Aufruhr.

20min/Ela Çelik
SVP-Nationalrätin Nadja Umbricht Pieren fordert: «Sie müssen ihre Kontrollmechanismen für Privatschulen verbessern und sicherstellen, dass solche Fälle sich nicht wiederholen.»

SVP-Nationalrätin Nadja Umbricht Pieren fordert: «Sie müssen ihre Kontrollmechanismen für Privatschulen verbessern und sicherstellen, dass solche Fälle sich nicht wiederholen.»

Nadja Umbricht Pieren

Darum gehts

Seit einigen Wochen besuchen Dutzende Kinder eine Privatschule in Uznach SG, die nach den Methoden der rechtsesoterischen Anastasia-Sekte unterrichtet. Eine weitere Privatschule, die ein ähnliches Gedankengut propagiert, wurde vor wenigen Tagen von der Bildungsdirektion des Kantons Zürich genehmigt, wie ein Tweet der Zürcher SP-Kantonsrätin Michèle Dünki-Bättig zeigen, die sich auf Recherchen der WOZ bezieht. Das sorgt nicht nur bei Lokalpolitikerinnen und -politikern, sondern auch bei Mitgliedern des Parlaments für Aufruhr.

SVP-Nationalrätin Nadja Umbricht Pieren etwa hat eine klare Forderung an die Kantone: «Sie müssen ihre Kontrollmechanismen für Privatschulen verbessern und sicherstellen, dass solche Fälle sich nicht wiederholen.» Denn eine einseitige, von Ideologien geleitete Bildung gefährde die Chancengleichheit der betroffenen Schulkinder in ihrer Bildungs- und Berufslaufbahn. «Sie können im späteren Leben nicht richtig Fuss fassen, zum Beispiel an der Universität oder im Berufsleben.» Ausserdem entstünden durch problematische einseitige Glaubensrichtungen Parallelgesellschaften, so Umbricht Pieren. «Die Bildungsdirektionen müssen Gesuche für Privatschulen deshalb gewissenhaft überprüfen.»

«Notfalls Bewilligung entziehen»

Auch FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen fordert: «Bei den Bewilligungsverfahren für Privatschulen muss ganz genau hingeschaut werden. Die Schule ist ein politisch, religiös und ideologisch neutraler Ort. Personen, die staatsfeindliche Ideologien vertreten, dürfen keine Schulen betreiben. Das muss genau kontrolliert werden und notfalls muss man ihnen die Bewilligung wieder entziehen.»

Laut Wasserfallen müsste die Eidgenössische Konferenz der Erziehungsdirektoren das Problem thematisieren: «Wenn solche Kreise in weiteren Kantonen Schulen eröffnen wollen, müssen diese darauf vorbereitet sein. Die EDK könnte Richtlinien beschliessen, an die sich alle Kantone halten sollen.»

Volksschulgesetz muss durchgesetzt werden

Für SP-Nationalrat Matthias Aebischer ist klar: «Die Bewilligung von Privatschulen ist eine kantonale Angelegenheit.» Er geht davon aus, dass die entsprechenden Kantone die Privatschulen genau durchleuchten, bevor sie die Bewilligung erteilen. So stehe beispielsweise im Volksschulgesetz des Kantons Zürich, dass die Schulen «im Sinne einer demokratischen Wertvorstellung erziehen». «Schulen, die sich gegen eine Maskenpflicht einsetzen, tun das sicher nicht», sagt Aebischer.

Auch die «sektenartige Reichsbürgerbewegung» entspricht laut Aebischer sicher nicht den Vorgaben des Zürcher Volksschulgesetzes. «Inwieweit diese Schulen einen direkten Zusammenhang mit der Reichsbürgerbewegung haben, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis», so der SP-Nationalrat. «Es ist gut möglich, dass die Kantone bei diesen zwei Schulen noch einmal über die Bücher gehen müssen.»

«Verantwortung der Kantone ist gestiegen»

Dass die Kantone bei Bewilligungsgesuchen von Privatschulen genau hinschauen müssen, sagt auch Benedikt Würth, Ständerat aus St. Gallen und Präsident der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur: «Die Verantwortung für die Kantone ist gestiegen, es braucht mehr Transparenz über Eigentumsverhältnisse und ideelle Verbindungen. Fundamentalistische Indoktrination darf keinen Platz im Bildungsraum Schweiz haben.» Die Gleichwertigkeit des Grundschulunterrichts müsse gewährleistet sein.

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