Kantonspolizei BernKein Amtsmissbrauch – Freispruch für Polizisten
Ein Schwarzfahrer beschuldigte sechs Berner Polizisten, ihn am Bahnhof Bern misshandelt zu haben. Die Richterin sprach sowohl die Polizisten wie auch den Mann frei.
- von
- miw / sda
Die sechs angeklagten Berner Polizisten haben ihre Amtsgewalt nicht missbraucht, als sie 2011 bei einer Personenkontrolle im Bahnhof Bern einen renitenten Türken zu Boden drückten und mit einer Elektroschockpistole traktierten. Das hat die Berner Einzelrichterin Bettina Bochsler entschieden.
Die Richterin sprach am Mittwoch die sechs Polizisten nicht nur vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs, sondern auch von dem der einfachen Körperverletzung frei. Freigesprochen in Folge einer sogenannten Putativnotwehr wurde auch der renitente Kläger.
Der Mann war selbst der Gewalt und Drohung gegen Beamte, der versuchten einfachen Körperverletzung und der Sachbeschädigung angeklagt. Mit Putativnotwehr ist laut Duden gemeint, dass eine Person irrtümlicherweise meint, sie müsse sich wehren.
Mann leidet unter Belastungsstörung
Dazu sagte Bochsler am Mittwoch am Sitz des Regionalgerichts Bern-Mittelland im Berner Amthaus bei der Urteilsbegründung, es sei aktenkundig, dass der Türke unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Er habe als Folge von in der Türkei erlittenen Gewalt Angst vor Uniformen.
Bochsler begrüsste auch, dass solche Fälle vor Gericht kämen. Wenn es Anschuldigungen gegen Polizisten gebe, sei es gut, dass die Justiz diese untersuche. Dies könne das Vertrauen in die Polizei nur stärken.
Staatsanwaltschaft wollte Verfahren einstellen
Bochsler machte diese Aussagen offensichtlich mit Blick auf die Vorgeschichte des Prozesses. Einer der am Prozess beteiligten Anwälte sagte der Nachrichtenagentur sda auf Anfrage, die Staatsanwaltschaft habe eigentlich das Verfahren gegen die sechs Polizisten einstellen wollen.
Auf Beschwerde des Türken hin habe dann aber das Obergericht gemäss dem Grundsatz «Im Zweifel vors Gericht» entschieden, es müsse einen Prozess geben.