Kein Ende der Kämpfe im Libanon in Sicht

Aktualisiert

Kein Ende der Kämpfe im Libanon in Sicht

Trotz hektischer Shuttle-Diplomatie der amerikanischen Aussenministerin zeichnet sich ein Ende der Gefechte im Libanon vorerst nicht ab. Israel will den Libanon weiter mit aller Härte angreifen.

Man werde den Kampf gegen die schiitische Hisbollah-Miliz unerbittlich fortsetzen, erklärte Ministerpräsident Ehud Olmert am Dienstag vor einem Treffen mit US-Aussenministerin Condoleezza Rice. Rice bekräftigte die Auffassung der USA, dass vor einem Waffenstillstand gewisse Grundvoraussetzungen erfüllt sein müssten. Bei neuen Raketenangriffen beider Seiten kamen mindestens zehn Menschen ums Leben.

Israelische Bodentruppen umringten am Dienstagmorgen die Ortschaft Bint Dschbail rund zwei Kilometer jenseits der libanesischen Grenze. Das Dorf gilt als Hochburg der Hisbollah. Den Kämpfen fielen mindestens zwei israelische Soldaten zum Opfer. Der Vormarsch wurde nach Militärangaben aus der Luft unterstützt. In der gut 20 Kilometer weiter nördlich gelegenen Stadt Nabatijeh wurden zwei Wohnhäuser von israelischen Geschossen zerstört. Dabei kamen mindestens sechs Zivilpersonen ums Leben.

Die Hisbollah konterte ihrerseits mit neuen Raketenangriffen. Bis Dienstagmittag gingen im Norden Israels mindestens 40 Geschosse nieder, 16 davon in der Hafenstadt Haifa. Ein 15-jähriges Mädchen wurde getötet, mehr als 20 Menschen wurden verletzt.

Der Kommandeur der israelischen Truppen, Hemi Livni, betonte, die Bodenoffensive werde nicht über den südlichen Libanon hinausgehen. Es gehe lediglich darum, die Infrastruktur der Hisbollah im Grenzbereich zu zerschlagen.

Olmert räumte ein, dass die israelische Offensive «humanitäre Schwierigkeiten» geschaffen habe. Israel werde mit den USA zusammenarbeiten, um einige dieser Probleme zu lösen. Der Regierungschef sagte die Öffnung sicherer Korridore zu, um der libanesischen Zivilbevölkerung Versorgungsgüter zukommen zu lassen. Israelische und internationale Militärexperten würden in Kürze über die Details beraten.

Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, erklärte bei einem Besuch in Jerusalem, ein Konvoi aus Beirut könnte den südlichen Libanon schon am Mittwoch erreichen. Er hoffe auf grünes Licht seitens der israelischen Militärbehörden. Egeland machte die Hisbollah für die hohe Zahl ziviler Opfer bei den israelischen Luftangriffen mitverantwortlich. Milizionäre müssten aufhören, «sich feige unter Frauen und Kinder zu mischen».

Rice traf am Nachmittag in Ramallah ein, um den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas zu treffen. Dabei betonte sie abermals, dass ein Waffenstillstand nur möglich sei, wenn sich die Lage vor Ort grundsätzlich verändere. Nach israelischer Auffassung ist dazu vor allem eine Auflösung der Hisbollah notwendig. Bei der Ankunft von Rice kam es in Ramallah zu Protestdemonstrationen.

UN-Generalsekretär Kofi Annan traf in Rom ein, wo am Mittwoch eine internationale Nahost-Konferenz auf Aussenministerebene stattfinden soll. Annan hatte sich zuvor bemüht, Syrien und den Iran als wichtigste Verbündete der Hisbollah in die Verhandlungen über einen Waffenstillstand einzubinden. Dazu telefonierte er mit dem syrischen Präsidenten Baschar Assad und dem iranischen Aussenminister Manutschehr Mottaki. «Beide haben angedeutet, dass sie kooperieren wollen», sagte Annan.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf Israel den Einsatz von Streumunition in südlibanesischen Wohngebieten vor. Diese sei beim Angriff auf die Ortschaft Blida am 19. Juli eingesetzt worden. Die israelische Armeeführung erklärte, der Einsatz von Waffen und Munition erfolge generell in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht. Den konkreten Anschuldigungen werde nachgegangen. (dapd)

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