«Kein Kinderarzt hat Kapazität für meinen einjährigen Sohn» 

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Über 30 Anfragen«Kein Kinderarzt kümmert sich um meinen einjährigen Sohn» 

Die zweifache Mutter J.K. sucht seit Monaten einen neuen Kinderarzt. Doch niemand hat Kapazität. Pädiatrie Schweiz ruft Betroffene auf, beim BAG Druck zu machen. 

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20-Minuten-Leserin J.K.* findet für ihre Kinder keinen Kinderarzt.

20-Minuten-Leserin J.K.* findet für ihre Kinder keinen Kinderarzt.

Privat
Sie sagt, sie habe 27 Kinderärzte im Raum Winterthur angefragt. Alle hätten ihr abgesagt. (Symbolbild)

Sie sagt, sie habe 27 Kinderärzte im Raum Winterthur angefragt. Alle hätten ihr abgesagt. (Symbolbild)

Nicole Philipp/Tamedia AG
Als ihr Sohn krank wurde, ging sie mit ihm in den Notfall. «Da hat man mich gefragt, warum ich nicht zum Kinderarzt gegangen sei.» (Symbolbild)

Als ihr Sohn krank wurde, ging sie mit ihm in den Notfall. «Da hat man mich gefragt, warum ich nicht zum Kinderarzt gegangen sei.» (Symbolbild)

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Darum gehts

  • Für ihren einjährigen Sohn und die zweijährige Tochter sucht J.K. nach einem Kinderarzt. 

  • Doch sie bekommt nur Absagen. 

  • Viele Ärztinnen haben keinen Platz für neue Patientinnen.

  • Die Fachgesellschaft für Kindermedizin warnt schon seit Jahren.

J.K.* ist verzweifelt. Erfolglos sucht die 30-jährige Mutter für ihren einjährigen Sohn und ihre zweijährige Tochter eine Kinderärztin oder einen Kinderarzt. «Ich habe schon über 30 Kinderärzte angefragt. Alle lehnen meine Kinder ab», sagt K. Die Antwort der Arztpraxen sei stets die gleiche: Man nehme nur Neugeborene, für alle anderen habe man keine Kapazitäten. Die Schaffhauserin blitzte nicht nur bei allen Kinderärzten in ihrer Region ab, auch von 27 Kinderärzten im Raum Winterthur habe sie eine Absage erhalten.

Überall abgewimmelt

Auf der Suche nach einem neuen Kinderarzt war J.K., weil es mit dem alten nicht mehr passte. Nach der erfolglosen Suche in Schaffhausen wandte sie sich an ihre Krankenkasse, welche ihr eine Liste mit Kinderärzten in Winterthur gab – ohne Erfolg. J.K. fühlt sich nicht ernst genommen: «Überall wird man abgewimmelt. Meine Situation ist denen egal.»

Als ihr einjähriger Sohn vor zwei Wochen krank wurde, blieb ihr nichts anderes übrig, als den Notfall aufzusuchen. Ihr Sohn hatte 40 Grad Fieber, Husten und Atemprobleme. Es stellte sich heraus, dass er sich mit dem RS-Virus angesteckt hatte. «Im Notfall haben sie mich gefragt, warum ich nicht zum Kinderarzt gegangen sei.» 

Problem ist bekannt

Die SPO Patientenorganisation kennt das Problem. «Immer wieder werden ähnliche Fälle gemeldet», sagt Daniel Tapernoux, Berater und Arzt bei der SPO. Gerade in Randregionen akzentuiere sich das Problem. Für viele Kinderärztinnen und -ärzte sind Gruppenpraxen mit Teilzeitarbeitsmöglichkeiten in grossen Städten attraktiver, in ländlichen Regionen herrscht eher ein Mangel. «Wer in seiner Region keinen Kinderarzt findet, soll seine Suche auf städtische Zentren ausweiten», sagt Tapernoux.

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Ausserdem können Eltern auch ihren Hausarzt fragen, ob er bereit ist, sich bei Krankheit das Kind anzuschauen. Ebenfalls können medizinische Beratungstelefone von Krankenkassen allenfalls Hilfe bieten. Nur in lebensbedrohlichen Situationen sollten Eltern - wenn möglich nach vorausgehendem Anruf - ein Kinderspital aufsuchen. 

Notfälle sind voll wegen Ärztemangel

Philipp Jenny, Präsident von Pädiatrie Schweiz und selber Kinderarzt, erstaunt die Erfahrung von J.K. nicht. Auch er könne keine neuen Patienten aufnehmen: «Ich habe das erste Mal seit 20 Jahren eine Warteliste. Und so wie mir geht es vielen Kollegen.» Jenny rät Betroffenen, sich beim Bundesamt für Gesundheit zu melden. «Seit 15 Jahren versuchen wir, uns in der Politik Gehör zu verschaffen. Doch bis jetzt ist wenig passiert. Auch Patienten müssen Druck ausüben.» Man habe darauf vertraut, dass genügend Personal aus dem Ausland komme. «Doch es ist offensichtlich, dass das nicht funktioniert.»

Gerade für Umgezogene oder Fälle wie K. sei es unglaublich schwierig, einen neuen Arzt zu finden. «Neugeborene haben es leichter: Da die ersten Untersuchungen extrem wichtig sind, werden sie eher in Kinderarztpraxen aufgenommen.» Dass die Kindernotfälle überlastet sind, sei eine logische Konsequenz des Ärztemangels. «Es braucht mehr Studienplätze, damit Schicksale wie jenes von Frau K. und ihren Kindern nicht Normalität bleiben.»

*Name geändert

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